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ist gleicherweise in das Gewebe der beiden Hauptwerke, in die
„ K a t e g o r i e n l e h r e “ u n d d e n „ S c h ö p f u n g s g a n g
d e s G e i s t e s “ eingesponnen: Kategorial ist sie nichts anderes
als eine Besonderung der dritten Grundkategorie, der U m g l i e -
d e r u n g. Systematisch hingegen gehört die ,,G e s c h i c h t s -
p h i l o s o p h i e “
( B d
1 2 )
m i t
d e r
, , G
e s e l l s c h a f t s p h i l o s o p h i e “ ( B d 1 1 ) u n d d e r
G e i s t e s l e h r e
zum
zweiten
Teile
des „Schöpfungsganges des Geistes“
28
.
Die Geschichte bewegt sich in der Zeit. Sie wird aber erst dadurch
zur Geschichte, daß sie sich aus der Vergänglichkeit der Zeit losreißt!
Es ist dabei in der Völker- und Staatengeschichte nicht anders als im
persönlichen Leben, dessen innere Aufgabe es ja geradezu ist: Ge-
schichte zu werden! Das Vergängliche ist gleichsam die unterste
Ebene der in sich „geschichteten“ Geschichte: das seiner Natur nach
Brüchige und Leidvolle, über dem ein Dauerndes und Ewiges thront.
Dieses Verhältnis von Vergänglichem zum Dauernden besagt uns in
unvermittelt schlichter Tiefe jener Vers anläßlich des Beginnes eines
neuen Jahres, das Spann nicht anders sehen kann denn mit den
Augen des Geschichtsphilosophen als eine Darlebung persönlicher
Geschichte: „Häuft es auch wieder Leid auf Leid. Es ist ein Stück
der Ewigkeit“
29
. Wir könnten dieses Wort als ein Leitwort über die
Geschichtsphilosophie stellen, indem es die Tragik aller Geschichte
andeutet, zugleich aber ihre Verklärung durch die ewige Idee. Inwie-
fern, so müssen wir fragen, ist das Lebensjahr, ist die Geschichte
ein „Stück Ewigkeit“?
Der schwierige, aber für jede Geschichtsphilosophie grundlegende
Wechselbegriff von Zeit und Ewigkeit kann hier freilich nur ange-
leuchtet werden, vielleicht am prägnantesten durch ein Wort Franz
von Baaders: „Jedes bestimmte J e t z t u n d H i e r wird nämlich
nur in dem I m m e r u n d Ü b e r a l l als begriffen geschaut, und
man kann darum die Zeit (Dauer) als eine Suspension der Ewigkeit
28
Diese ursprünglich von Spann beabsichtigte Gliederung wurde durch eine freund-
schaftliche Haltung gegenüber Manfred Schröter überholt, der von ihm die Gesellschafts-
philosophie für sein „Handbuch der Philosophie“ erbeten hatte.
29
Othmar Spann. Das philosophische Gesamtwerk im Auszug, herausgegeben von
Hans Riehl, Wien 1950 (Schriftprobe neben Titelblatt).