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nur quantitative Untersuchung und Methodik als wissenschaftlich
tragfähig und fruchtbar anzusehen, erweist sich hier, wie vielfach
anderswo, als Hindernis echten Fortschreitens unserer Erkenntnis.
Langsam aber beginnt sich die Anerkennung der Fruchtbarkeit ganz-
heitlicher Forschung im allgemeinen und Spanns philosophischer
Leistung im speziellen doch Bahn zu brechen.
Seine Theorie der äußeren Sinnesempfindung sieht Wesen und Auf-
gabe der äußeren Sinne in der Verbindung des Geistes und seines
innerleiblichen Organlebens (der Instinkte, inneren Empfindungen)
mit der ä u ß e r e n Welt. Jeder einzelne Sinn ist nur als Glied der
Ganzheit des Sinnenlebens des ganzen Leibes zu verstehen. Spann
nennt daher die einzelnen Sinne Besonderungen eines im Instinkt
wirksamen A l l s i n n e s . Die einzelnen Sinnesorgane sind Spann
Besonderungen des Leibes, die den Grundbeschaffenheiten der
äußeren Welt entsprechend sind. Bei völliger Fremdheit des Geistes
und der Natur wäre eine Vermittlung zwischen beiden undenkbar.
Alles Denken und Erkennen beruht für Spann auf Eingebung, diese
ist ihm eine Verbindung, eine Gezweiung mit der geistigen Welt, der
Welt der Ideen, so wie ihm das Sinnenleben auf sinnlicher Eingebung,
das ist innere Berührung, Rapport mit den immateriellen Wurzeln des
Stofflichen ist. Jede Sinneserfahrung muß sich in den Zusammenhang
der bisherigen Erfahrungen und Eingebungen umgliedern lassen,
sonst kann sie nicht erlebt werden.
Sprache ist Spann mehr als bloßes Benennen der Dinge, mehr als
bloße Mitteilung von Mensch zu Mensch, sie ist ihm „Gestaltung und
Versinnlichung der gesamten inneren Welt des Menschen“ (Bd 14,
118), so auch seines Erlebens und Erfassens der Natur.
Letzter wichtiger Weg der Einsicht in das Eigensein der Natur ist
Spann die Selbsterkenntnis. Das ist nicht unkritische Vermensch-
lichung der Natur, sondern Erkenntnis des Enthaltenseins der Natur
und des Menschen im g e m e i n s a m e n Urgrund. In ihr, wie in
uns, finden wir Vollkommenheit und Unvollkommenheit, finden wir
Hingeordnetsein auf den Geist.
Die großen Fragen des Eigenseins der Natur, ihrer Beziehung zum
Geist, werden „nicht allein durch Befragung der äußeren Erfahrung,
sondern zuletzt durch Befragung des menschlichen Inneren“ (Bd 15,
5) beantwortet.