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sich das Leben und Werden des Menschen vollzieht, sind ihrerseits
ihrem geistigen Sachgehalte nach verschiedenen Gemeinschafts-
kreisen allgemeinerer Art zugeordnet, die zuletzt in die großen
obgenannten Lebenskreise des Gesellschaftsganzen einmünden. So
findet sich jeder Mensch in sehr vielen einander überkreuzenden
Gemeinschaften und Organisationen. Letztlich ist jeder Mensch Glied
jedes Standes, wenn auch in einem jeweils sehr verschiedenen Grade
der Innigkeit und Anteilnahme. Man könnte das als vielfache Glied-
haftigkeit des Einzelnen bezeichnen.
Er steht, um die wichtigsten nochmals aufzuzählen, in folgenden
Ständen:
(1) In der Familie als in einem zugleich geistigen und sinnlich-vital
vergemeinschaftenden Kreise, früher auch in deren Oberverbänden,
den Sippen oder Großfamilien.
(2) In der Wirtschaft, sofern er einem Berufstande angehört.
(3) In der Kirche oder anderen Organisationen des religiösen und
philosophischen Lebens.
(4) In verschiedenen geistig-kulturellen Organisationen, die mehr
oder weniger feste Gestalt haben; in wissenschaftlichen Organisa-
tionen und dergleichen mehr.
(5) Im staatlich-politischen Stande mit seinen vielfachen, inhalt-
lich und rangmäßig verschiedenen Gliederungen.
(6) Außerdem ist er den rechtlichen und den Erziehungseinwir-
kungen aller dieser Stände unterworfen.
Aus dem Grade der Innigkeit der Eingliederung und aus der
Leistung des Einzelnen ergibt sich sein Rang innerhalb jedes Lebens-
kreises, das heißt, ob er mit niedriger, vermittelnder oder schöp-
ferischer Geistigkeit, ob er als Führender oder Geführter dem je-
weiligen Stande angehört.
Diese Rangstellung gibt ihrerseits wiederum den Grund für Ver-
gemeinschaftungen und Verbindungen zwischen den Ranggleichen
verschiedener Stände ab und verstärkt die Buntheit des gesamt-
gesellschaftlichen Gefüges. Dies geschieht auch noch dadurch, daß
jeder dieser Lebenskreise oder Stände in hohem Maße die Verrich-
tungen des anderen übernehmen kann, z. B. die Familie Aufgaben
des Berufstandes, des Staates, der Kirche; die Berufstände Auf-
gaben der kulturellen und politischen Verbände; diese wiederum