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Wendung. Stets kann erst der Wirtschafts Vorgang (die Leistung), der a) in der
G e l d a u s g a b e beschlossen liegt (z. B. Anschaffung von Kriegsgerät für den Staat),
und b) in der darauffolgenden V e r w e n d u n g der ausgegebenen Noten (z. B.
Zubauten in der Kriegsindustrie), bestimmen, welche Ausübung von Geldleistungen
sich mit der Ausgabe und Weitergabe verbindet. Daraus folgt, daß es verfehlt ist, die
Papiergeldvermehrung nach der Menge des neu ausgegebenen Geldes zu bestimmen
(Quantitätstheorie); sondern: n a c h d e r R i c h t u n g , n a c h d e r W e i s e
s e i n e r L e i s t u n g e n i s t d a s n e u a u s g e g e b e n e G e l d z u
b e u r t e i l e n ! Von hier aus ergäbe sich ein L e h r s t ü c k d e r
A u s s t r ö m u n g s w e g e (Theorie der Inflationswege), welches die typischen
Leistungsweisen nach der verschiedenen Verwendung (Ausströmung) aufzuzeigen
hätte. Es liegt auf der Hand, daß die Ausströmung während des Krieges, die über die
Kriegslieferanten ging, kapitalbildend wirkte und die Erzeugungsmittel der
Volkswirtschaft vermehrte (a), während in Deutschland und Österreich die
Ausströmung nach dem Umsturze, die über die Arbeiter und Beamten des Staates geht,
kapitalaufzehrend (b), die Erzeugung und die Erzeugungsmittel schwächend wirkte.
Ebenso ist auch der Weg und Gang einer Abschöpfung der Geldmengen nicht
gleichgültig (tschechische Einziehung von Bargeld im Frühjahr 1919 nach grob
quantitätstheoretischer Vorstellung, englischer Abschöpfungsvorgang und so fort). —
Überall, wo die Geldtheorie Erfolge erzielt hat, tat sie das auf Grund der Zergliederung
der Leistungen. Auch wo Streit herrscht, herrscht er als ein Streit um Leistungen, z. B.
Knapps „Zahlungsfunktion“ gegen die Smithische „Tauschfunktion“. Stets wird man
ferner finden, daß es sich dabei um o r g a n i - s i e r e n d e , u m
G e m e i n s a m k e i t s r e i f e e n t h a l t e n d e Leistungen handelt. Diese
zergliedernd zu erforschen und dabei die V o r r a n g v e r h ä l t n i s s e zu
erkennen, ist die Aufgabe der Geldtheorie. Geld ist niemals eine neutrale Menge,
sondern ändert die Warenmengen selbst durch seine die Wirtschaft gliedernden und
gestaltenden Leistungen
1
.
3.
Z u s a t z ü b e r d a s
V e r h ä l t n i s „ S t a a t u n d
W i r t s c h a f t “
Es wurde wiederholt auseinandergesetzt, in welchem Sinne „Staat“, „Gemeinde“,
„Verbände“ Wirtschaftsbestandteile sind. Es sei erlaubt, diese Ausführungen um der
größeren Klarheit willen hier zusammenzufassen.
/
Die Erscheinungen der Gemeinsamkeitsreife wurden in der bisherigen Theorie als
„Einflüsse“, als „Eingriffe“ des Staates in die Wirtschaft, also nicht als Bestandteile der
Wirtschaft selbst aufgefaßt, und auch ich habe sie in einem früheren Aufsatze
1 2
als
öffentliche „Regelung“ bestimmt. Es ist das auch, als Tatsache für
1
Einige weitere Ausführungen darüber in meiner Skizze: Vom Wesen der
Papiergeldvermehrung (Mitteilungen des Verbandes österreichischer Banken und
Bankiers, Jg 3, Wien 1920) und in meinem Aufsatz: Bemerkungen zu Irving- Fishers
Geldlehre (Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen
Reich, herausgegeben von Gustav Schmoller, Jg 41, München 1917).
2
Der logische Aufbau der Nationalökonomie und ihr Verhältnis zur Psychologie
und zu den Naturwissenschaften (Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft,
Tübingen 1908).