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Alle sachliche Wissenschaft geht auf Erkenntnis ihres Gegenstandes.
Alle Verfahrenlehre geht auf Erkenntnis des Erkennens. Der sachliche
Forscher arbeitet mit jenen Begriffen und Verfahren, die sich ihm aus
der Betrachtung des Gegenstandes notwendig ergeben. Der
Verfahrenlehrer erkennt das Wesen jener Begriffe und Verfahren, das
Warum und Wie ihrer Gestalt; er gleicht dem Wanderer in Gottes
schöner Bergwelt. Der sieht und sieht um sich und wird doch nicht satt
und schreitet immer weiter und erblickt auch h i n t e r seinem
Gegenstande Neues. So geht auch die Erkenntnis des Verfahrens noch
hinter die Erkenntnis des Gegenstandes zurück. Verfahren-Lehre und
sachliche Wissenschaft sind daher zwei ganz verschiedene Dinge. Wer
vom Verfahrenlehrer sachliche Erkenntnis fordert, verlangt von ihm,
was er seiner Natur nach nicht geben kann. Wohl wird die sachliche
Forschung aus der Klärung ihrer Begriffe und Wege den größten Nutzen
ziehen; aber das sind erst die Früchte methodologischer Arbeit, nicht ihr
Inhalt selber.
Bacon, der zuerst das induktive Verfahren logisch entwickelte, hat
in der sachlichen Forschung nichts geleistet, während es Galilei fast
ohne planmäßige Verfahrenlehre zu grundlegenden Entdeckungen
brachte; das macht, jener war Methodenlehrer, dieser sachlicher
Forscher. Niemand wird aber leugnen, daß die systematische
Begründung der induktiven Forschungsweise trotz Galilei eine
unerläßliche Voraussetzung für die Weiterentwicklung der
Naturwissenschaften war.
So verhält es sich auch mit der gesellschaftswissenschaftlichen Lehre
vom Verfahren. Man sage nicht, es komme dabei „nichts heraus“. Fürs
erste ist es schon genug, daß sie eine Erkenntnis für sich bildet; denn das
ist ihr Wesen. Daß aber außerdem für die sachliche Einzelforschung
dabei etwas, ja Grundlegendes „herauskomme“, daß ihre Erkenntnisse
fruchtbringender Wirkung teilhaftig werden, das muß unter den
Händen des Forschers selber geschehen.
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