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das Denkwürdige in aller Sozialwissenschaft: bei Gesellschaft, Staat,

Volkswirtschaft handelt es sich nicht um ein greifbares Ding, das

schlechthin gegebenes Objekt der Wissenschaft wäre, wie / der Stein in

der Mineralogie, die Pflanze in der Botanik; sondern um einen

Gegenstand, der durch seinen gesamtheitlichen (kollektiven) Charakter

gekennzeichnet ist (um v i e l e Menschen, welche wirtschaften, um

v i e l e wirtschaftliche Handlungen, um einen Staat, der aus v i e l e n

„Bürgern“ besteht usw.); einen Gegenstand, der daher nur durch

individualistische oder universalistische Vorstellungsweise überhaupt

erst zum Objekt der Wissenschaft gemacht wird!

Eine grundlegende Folgerung drängt sich da sofort auf: Daraus, daß

das Kollektivum „Volkswirtschaft“ entweder individualistisch oder

auch universalistisch aufgefaßt werden kann, folgt: es g i b t k e i n e

e i n h e i t l i c h e V o l k s w i r t s c h a f t s l e h r e ; sondern es gibt

so lange zweierlei Volkswirtschaftslehren, solange der Widerstreit

zwischen individualistischer und universalistischer Grundauffassung

der Volkswirtschaft nicht geschlichtet ist. Es ist ein Grundirrtum der

Gegenwart, daß es eine einheitliche Volkswirtschaftslehre gebe. Die

Volkswirtschaftslehre darf nicht wie andere Wissenschaften so

angesehen werden, als gebe es in ihr zwar viele widerstreitende

Meinungen, im Grunde sei sie jedoch eine einheitliche Wissenschaft.

Daß diese Ansicht bestehen konnte

1

, erklärt sich so, daß die

theoretischen Richtungen durchaus an der atomistischen Auffassung

fest- halten, die geschichtliche Richtung aber aller Theorie abgekehrt

ist, so daß der Gegensatz, der in Wahrheit fast innerhalb jedes

Lehrsatzes wiederkehren muß, verschleiert blieb. Sieht man näher zu,

so zeigen die einander gegenüberstehenden Theorien sich durchaus

nicht als solche, welche durch verschiedene Einzelschlußfolgerungen

aus verschiedenen Einzelbeobachtungen herstammen, sondern

vielmehr

als

solche

grundsätzlichen

Widerstreites

des

individualistischen und universalistischen Standpunktes. Ob freier

Wettbewerb oder organisierte Wirtschaft das reine Wesen der

Wirtschaft ausdrücken; ob Freihandel oder Schutzzoll dem Wesen der

Produktivität der Volkswirtschaft entspricht, sind keine politischen

Fragen, sondern reine Wesensfragen, theoretische Fragen; ob

Sozialpolitik oder

1

Die einzige Ausnahme fand ich bei Werner Sombart (Der moderne Kapitalismus, 2.

Aufl., Bd 2, 2. Halbband, München 1917, S. 914 und 920). Ihm ist der Merkantilismus

„organisch, . .. produktionsproblematisch, ... idealistisch“, der Klassizismus dagegen

„mechanisch,... zirkulationsproblematisch, materialistisch“.