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weit heller) leuchten. Demgemäß ist auch die Volkswirtschaftslehre
keine wirklich selbständige Wissenschaft, sondern sie nimmt ihre
Grundlegung von der Theorie des übergeordneten Ganzen, von der
individualistischen und universalistischen Erklärung der Gesellschaft
her.
Um den Sinn der Ü b e r - u n d U n t e r o r d n u n g v o n
G e s e l l s c h a f t u n d W i r t s c h a f t zu verstehen, bedarf es der
genaueren Feststellung des Abhängigkeitsverhältnisses von Wirtschaft
zur Gesellschaft. Ich möchte dies in Anlehnung an eine mittelalterliche
Wendung mit den Worten kennzeichnen: Alle Wirtschaft meint
Gesellschaft.
„Wirtschaft“ des einzelnen Menschen ist nichts Selbständiges,
sondern nur ein Teil seines Lebensinhaltes. Bei niemandem ist
Wirtschaft und Leben dasselbe, und sei es der trockenste, materiellste
Mensch. Es gibt daher niemanden, dessen Wirtschaft nicht im Dienste
irgendwelcher Lebensinhalte, geistiger Ziele, politischer, religiöser,
gesellschaftlicher Ziele stande. Die Wirtschaft gleicht dem „Tischlein,
deck dich!“, das den Menschen durch das Leben begleitet und seine
Dienste für die geistigen Inhalte und Ziele dieses Lebens gut oder
schlecht verrichtet.
Ebenso die „Volkswirtschaft“ im größeren Rahmen und Ganzen der
„Gesellschaft“. Es gibt keine „wirtschaftliche Erscheinung“ für sich
allein, keinen „wirtschaftlichen Akt“ für sich allein, sondern notwendig
steht er in einem bestimmten Verhältnis zu einem anderen, einem
gesellschaftlichen Akte; das macht: wie die Wirtschaft für den
Einzelnen, so ist die Volkswirtschaft für den Staat und die Gesellschaft
das „Tischlein, deck dich!“. Abstrakt ausgedrückt und genauer bestimmt:
die V o l k s w i r t s c h a f t i s t e i n I n b e g r i f f d e r M i t t e l
f ü r d i e Z i e l e , der Mittel für all die geistigen Inhalte, welche die
Gesellschaft ausmachen, also: für den Staat, das Recht, die Religion, die
Wissenschaft, die / Kunst, die Geselligkeit, die Familie und Ehe, die
Erziehung, kurz für alles, was uns das Leben lebenswert macht und ihm
Sinn wie Inhalt gibt. Ein Beispiel: „Güterhervorbringung“ ist niemals
ohne Bezug auf ein Ziel möglich. Fragen wir doch einmal: Was wird
erzeugt? — etwa im Baugewerbe: eine Kirche, ein Schauspielhaus, eine
Schule, ein Wohnhaus? — oder: ein Festkleid, ein Reisekleid? —
tausend Erzeugungsakte haben tausend verschiedene Ziele zur
Bedingung, das