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Stellung der selbständigen Gegebenheit wirtschaftlicher Elemente sich
der Wirklichkeit jeweils annähert (z. B. der Gegebenheit eines schon
vorhandenen, bestimmten Angebotes von Waren.) „Als ob‘
;
heißt also
die Annahme: die Gesetze von Wert und Preis so zu erforschen, daß die
einzelnen Güter und Wirtschaftselemente jeweils als gegeben, als etwas
Selbständiges und Autarkes betrachtet werden. Beispiel: die Güter auf /
dem Markt (das ist: g e g e b e n e Güter) werden in ihrer
Preisveränderung nach Angebots- und Nachfrageänderungen erklärt:
und dabei wird davon abgesehen, daß diese Angebots-usw.-änderungen
Ausdruck organischer Verbindung aller Glieder der Volkswirtschaft
sind. Die E r k l ä r u n g d e r P r e i s ä n d e r u n g (allgemeiner: die
Preisrechnung) ist d a h e r
k e i n e
E r k l ä r u n g
d e r
W i r t s c h a f t , wie Ricardo glaubte; vielmehr liegt der Schwerpunkt
der Wirtschaftserklärung in der Erkenntnis der organischen
Verbindung der Teile, wie List, Thünen usw. glaubten.
1
Läßt man auf diese Weise die mechanistische Untersuchung nicht
schlechthin gelten, dann werden ihre Ergebnisse nicht eigentlich
verworfen (wie von der Schmoller-Schule); aber sie kann nun nicht
mehr sein als der Stoff und das Hilfsmittel für jene größere
universalistische Betrachtung, welche überall im Teil auch das Ganze
sucht, den Teil im Zusammenhang mit dem Ganzen sieht.
In diesem eingeschränkten Sinn tritt der universalistische Begriff der
spezifischen Leistung dem Begriff der Wertrechnung und des Tausches
als Grundform aller Wirtschaft nicht ausschließend gegenüber, sondern
unendlich erweiternd und ergänzend zur Seite.
Mit allen den methodischen Eigenschaften, welche die
Volkswirtschaftslehre hierdurch gewinnt, ist von selbst und
notwendigerweise das gegeben, was wir die s o z i o l o g i s c h e
R i c h t u n g
u n d
E i n s t e l l u n g
d e r
V o l k s w i r t s c h a f t s l e h r e nennen können. Die Richtung auf
die Ganzheit der Volkswirtschaft ist notwendigerweise eine Richtung
auch auf das Ganze der Gesellschaft und der Geschichte, das heißt der
Verknüpftheit der Volkswirtschaft mit dem größeren Ganzen der
Gesellschaft und Geschichte, und ist endlich notwendigerweise ein
Beherrschtwerden der Volkswirtschaftslehre vom Geiste der
Gesellschaftslehre.
1
Näher ausgeführt in meinem Buch: Fundament der Volkswirtschaftslehre, Jena
1918, § 42 [oben S. 339 ff.] und öfter.