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Individualistisch ergab sich die Volkswirtschaft als Ordre naturel, als
eindeutig bestimmte K a u s a l o r d n u n g , und die Wissenschaft der
Volkswirtschaftslehre daher als Wissenschaft von den Kausalgesetzen
der Wirtschaft. Daß die Gesetze unserer Wissenschaft kausaler Art
wären, ist die allgemeine Annahme auch in der Gegenwart. (Und diese
Annahme der Kausalgesetzlichkeit wieder verleitet zur methodischen
Isolierung der Volkswirtschaft von der Gesellschaft, weil die Kausalität
der Wirtschaft als etwas streng Eigenes und Spezifisches erscheint. Die
Volkswirtschaftslehre wird dann fälschlich als nichtsoziologische
Wissenschaft gefaßt, das heißt als eine Wissenschaft, welche ihre
Wahrheiten aus sich selbst schöpft, was aber unmöglich ist.)
Universalistisch gesehen, erscheint dagegen die Wirtschaft nicht als
Ordre naturel, weil überhaupt nicht mechanistisch, sondern als eine
Ganzheit, die durch lebendige Gegenseitigkeit gekennzeichnet ist.
„Ganzheit“, „Ganzes“ heißt aber notwendigerweise immer in seinem
inneren Gefüge: Zweckganzes (Kausalität dagegen ergibt:
Mechanismus). Die u n i v e r s a l i s t i s c h e
A u f f a s s u n g
b e g r e i f t
i n
d i e s e m
S i n n e
d i e
V o l k s w i r t s c h a f t s l e h r e a l s / Z w e c k w i s s e n s c h a f t
und stellt sich dadurch in schärfsten methodischen Gegensatz zur
individualistischen Lehre
1
.
Um dieses Ergebnis näher zu verstehen, fragt es sich nun: Was ist
denn, genauer bestimmt, das Gegenteil der mechanistischen
Auffassung? „Gegenseitigkeit!“, „Ganzheit!“, war unsere Antwort. Was
ist aber im m e t h o d i s c h e n Gegensatz zum Mechanistischen,
Kausalen die „Gegenseitigkeit“, „Ganzheit“?
Gegenseitigkeit ist nicht: psychologische Wechselbeziehung, nicht
psychologische
„Wechselwirkung“,
nicht
wechselweise
Kausalverknüpfung psychischer Vorgänge (diese Vorgänge mögen in
d
meinsame, objektive Wissenschaft sich ergäbe. Dieser Einwand wäre unlogisch, weil er
die ausschließenden Gegensätze der Grundansichten (als Ausgangspunkt der Forschung)
ja selbst voraussetzt und dadurch zweierlei Wissenschaft anerkennt. Er behauptet nur
die Möglichkeit der Überwindung jener Zwiefachheit. — Daß diese Möglichkeit
übrigens nicht gegeben ist und dabei nur Salat statt eines Gerichtes zustandekommt, das
beweist die Geschichte unserer Wissenschaft und noch mehr die Natur der Sache. Man
wird nie darüber hinwegkommen, daß der Begriff der Wirtschaft stets schon eine
gesellschaftswissenschaftliche Theorie enthält.
1
Vgl. mein Buch: Fundament der Volkswirtschaftslehre, Jena 1918, S. 254 ff. [oben
S. 338 ff.].