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643

Hier ist obenan zu nennen:

/

(1)

die Psychologie (die allerdings in Wahrheit keine Naturwissenschaft ist,

aber heute noch vorwiegend als solche aufgefaßt wird); sie steht in diesem Sinne

hinter allen Gemeinschaften, und dem Handeln (im universalistischen Sinne

müßte umgekehrt Gesellschaftslehre vor Psychologie stehen);

(2)

nur als Abarten der Psychologie können „Völkerpsychologie“, „Massen-

psychologie“, „Sozialpsychologie“ gelten gelassen werden, denn es handelt sich

dabei notwendig nur um seelische Vorgänge, deren Gesetzmäßigkeiten p s y c h o -

l o g i s c h (der Absicht nach: „naturkausal“) zu untersuchen sind, keineswegs um

gesellschaftliche Vorgänge, keineswegs um sie als Gesellschaftsbestandteile selbst.

(Als solche sind sie Elemente von Gemeinschaften, des Handels usw.);

(3)

die Biologie ist insofern von Bedeutung, als ihr Gegenstand, der Organis-

mus, Träger der seelischen Erscheinungen ist. In bezug auf die Gestaltung des

physischen und seelischen Lebens überhaupt hat sie Bedeutung namentlich in der

Form der Rassenbiologie, in bezug auf das Bevölkerungswesen (oder auf die

Ersatzvorgänge überhaupt) in der Form der sozialen und individualen Hygiene

(„S o z i a l e M e d i z i n“);

(4)

die Geographie hat Bedeutung als Lehre von den umweltlichen Bedin-

gungen der Gesellschaft. Die Versuche, eine Zwitterwissenschaft als „ A n t h r o -

p o g e o g r a p h i e “ (Ratzel, Ritter) aus ihr zu machen und die Gesellschaft

möglichst als Ergebnis der Boden- und Klimaverhältnisse zu begreifen, sind

zurückzuweisen, ähnlich ihre neueste Abart, die „G e o p o

l

i t i k“.

III.

Die gesellschaftlichen Wissenschaften von den einzelnen

Teilganzen aus betrachtet

Der sachliche Gesellschaftsbegriff lehrt, daß nicht alle Teilganzen

der Gesellschaft (Objektivationssysteme) von gleicher Ursprünglich-

keit und gleichem inneren Aufbau sind, worauf die V o r r a n g -

s ä t z e beruhen. Daraus ergab sich aber auch die wichtige Folge-

rung: daß nicht jedem Teilganzen eine eigene Wissenschaft entspre-

chen und nicht jede Gesellschaftswissenschaft gleichen Gefüges sein

kann

1

. Daraufhin sind nun die Teilinhalte in aller Kürze zu be-

trachten, wobei allerdings Wiederholungen gegenüber dem schon

Ausgeführten unvermeidlich sind.

A. Die G e m e i n s c h a f t e n

Wir erkannten, daß die gesellschaftlichen Erscheinungen: Wissenschaft, Kunst,

Religion, Philosophie keinesfalls jene theoretische Behandlung finden können wie

die Volkswirtschaft, denn ihr Inhalt ist apriorisch (normativ) bestimmt, während

1

Siehe oben S. 638 f.

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