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Die Volkswirtschaft stellt daher ein Objektivationssystem mit durchaus arteige-

nem Aufbau, eigener Gesetzmäßigkeit dar, nämlich der G e s e t z e d e r G l i e d -

h a f t i g k e i t d e r M i t t e l ; und die Volkswirtschaftslehre wird damit not-

wendig zu einer selbständigen Wissenschaft, die über den Rahmen der allgemeinen

Gesellschaftslehre hinauswächst. Die Bestrebungen, Volkswirtschaftslehre in Ge-

sellschaftslehre aufgehen zu lassen, die seit Comte nicht aufhören wollen, sind

methodologisch falsch, sie tragen der einzigartigen Stellung der Wirtschaft im

System der gesellschaftlichen Erscheinungen nicht Rechnung. Umgekehrt ist es

aber ebenso falsch, die enge methodische Verknüpfung der / Volkswirtschafts-

lehre mit der Gesellschaftslehre nicht zu beachten — denn die Eigenschaft der

Volkswirtschaft, bloßer Teilinhalt der Gesellschaft zu sein, bestimmt die ganze

methodologische Frage der Volkswirtschaftslehre. Diese besteht keineswegs im

Streite um Induktion und Deduktion, sondern; im Streite um die grundsätzliche

Bestimmung des Verhältnisses der Wirtschaft zu den übrigen gesellschaftlichen

Teilganzen. Daher denn auch jeder Lehrbegriff der Volkswirtschaftslehre nach

individualistischer und universalistischer Weise gefaßt werden kann.

2 .

D a s H i l f s h a n d e l n o d e r d a s d a r s t e l l e n d e

H a n d e l n a l s M i t t e i l u n g d e r S p r a c h e

Die Sprache ist als Mitteilung nur formale Bedingung der Gemeinschaftsbil-

dung. Die unmittelbare Verbindung mit dem Denken, die ihr als darstellendem,

ausdrückenden Handeln zukommt, verleiht ihr normativen Charakter. Ihre Norm-

wissenschaft ist die Grammatik, eine Art von Logik. Gesellschaftswissenschaftlich

ist daher nur eine ähnliche Behandlung wie bei den Gemeinschaften möglich.

Ähnlich wie es eine eigene Religionssoziologie nicht geben kann, kann es auch

keine eigene „Sprachsoziologie“ (die sich etwa auf einen eigenen „Mitteilungs-

trieb“ stützte) geben.

3 .

D a s H i l f s h a n d e l n h ö h e r e r O r d n u n g :

D i e V e r a n s t a l t u n g

Veranstaltendes Handeln ist nicht bloß formale Bedingung, sondern bereits

sachliche, schöpferische und beeinflussende Bedingung der Gemeinschaftsbildung.

Daher entspricht diesem Handeln keine Normwissenschaft. Dagegen bietet es

der gesellschaftswissenschaftlichen Erforschung schon ein verhältnismäßig selb-

ständiges Objekt dar. Welcher Art diese Erforschung ist, hat die frühere Dar-

stellung

1

wohl hinlänglich gezeigt, ebenso daß die Anstalts- oder Verbandslehre

unmittelbarer Bestandteil der allgemeinen Gesellschaftslehre, selber keine selb-

ständige Wissenschaft ist.

Als Lehre vom obersten aller Verbände, dem Staate, ist sie nur allgemeine

und zusammenfassende Verbandslehre und zugleich Theorie einer Einheitserschei-

nung, der Gesellschaft. Als Einheitstheorie aber muß sie mit den höchsten Be-

griffen und Verallgemeinerungen der Gesellschaftslehre arbeiten, ganz ähnlich

wie die Theorie des Volkstums, die doch niemand als eigene Wissenschaft in

Anspruch nehmen wird. E i n e s e l b s t ä n d i g e S t a a t s l e h r e g i b t e s

a b e r e b e n s o w e n i g w i e e i n e e i g e n e K i r c h e n - u n d F a m i -

1

Siehe oben S. 491 ff.