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letztere leistungsmäßig bestimmt ist. Was wahr ist, schön, göttlich, darüber kann

die Gesellschaftswissenschaft weder etwas entscheiden noch kann sie diese Er-

scheinungen erklären. Nur eine grobe Umweltlehre (Milieutheorie) kann sich

zum Versuche einer gesellschaftlichen Erklärung des Geistursprünglichen ver-

steigern

Auf ihre normative Natur hin sind die Gemeinschaften Gegenstand norma-

tiver Wissenschaften der Logik, Ästhetik, Religionsphilosophie, Metaphysik. /

Dazu ist im besonderen zu bemerken: Eine eigene „Religionspsychologie“

gibt es im Grunde nicht, ebensowenig wie eine eigene „Kunstpsychologie“. Was

man heute so nennt, gehört entweder in die Psychologie, oder in die Ethnologie,

oder in die Philosophie, oder endlich in die gesellschaftswissenschaftliche Be-

trachtung der Religion und Kunst.

Außer

der

normativen

findet

eine

gesellschaftswissenschaftliche

Be-

trachtung dieser normativen Gebilde statt, welche auf die gesellschaftliche Glie-

derung ihrer Ganzheiten und auf ihre gesellschaftlichen Leistungen geht. Da die

Gesellschaftslehre dabei von einem wesenhaften Begriffe ihres Gegenstandes aus-

gehen muß, kann sie sich dem Streite um seine empiristische oder nicht empiri-

stische Auffassung keinesfalls entziehen.

Das Vorstehende können wir dahin zusammenfassen: daß es keine „Kunst-

soziologie“,

„Religionssoziologie“,

„Wissenschaftssoziologie“,

„Soziologie

der

Geschlechtsgemeinschaft“ als selbständige Wissenschaft geben kann. Solche Be-

strebungen sind nur bei milieutheoretischem Standpunkte oder bei arger metho-

discher Unklarheit und dilettantischem Großtun möglich. Was an gesellschafts-

wissenschaftlicher Erkenntnis dieser Gegenstände geleistet werden kann, fällt in

begrifflicher Hinsicht allein der Gesellschaftslehre zu, in beschreibender der Ge-

schichte und Völkerkunde.

Zu den bisher genannten Gemeinschaften kommen noch die Neigungsgemein-

schaften (Massenzusammenhänge), denen, da sie abgeleiteter Natur sind, keine

eigenen Normwissenschaften entsprechen. Von der Gesellschaftslehre werden sie

am besten gemeinsam mit den Bündnissen behandelt.

Eine besondere Aufgabe stellt endlich die Tatsache der Einheit der Gemein-

schaften auf bestimmten Stufen ausgezeichneter Ausgliederungsfülle. Sie ist Ge-

genstand der Theorie des Volkstums.

A . D i e S y s t e m e d e s H a n d e l n s

Diese sind insofern ein gleichartiger Gegenstand der Gesellschaftswissenschaft,

als sie sämtlich leistungsmäßiges (funktionelles) Gefüge haben. Dennoch kommt

dieses leistungsmäßige Gepräge nicht gleichmäßig zur Erscheinung, weil im Zweck-

handeln, Hilfshandeln und Hilfshandeln höherer Ordnung ganz verschiedene

Arten von Leistungen vorhanden sind.

1 . D a s Z w e c k h a n d e l n o d e r d i e W i r t s c h a f t

haben wir früher als das einzige System des Handelns kennengelernt, welches

Mittel für die Zielerreichung beschafft und dadurch eine einzigartige Sonderstel-

lung unter allen Teilganzen einnimmt.