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von Ranke, wie alle anderen großen Geschichtsforscher, hat dagegen

jedem Zeitalter den ihm zugehörigen vollen Wert gegeben; er schließt

seine Weltgeschichte mit folgenden Worten: „In unaufhörlicher,

immer neue Schöpfungen hervorbringender Bewegung, und dennoch

in allen Grundzügen sich selber treu, gleichsam in jedem Moment

sein eigener Erbe, vollzieht sich so das welthistorische Geschick.“ Ein

solches aus seinem eigenen Wesen Sich-Selbst-Herausholen, das ist die

Geschichte; und es kommt uns darauf an, diesen wahren Anblick

von dem, was unser Zeitalter tut, zu gewinnen.

Bei dieser Auffassung wird auch die Gefahr vermieden, im Ge-

schichtlichen stecken zu bleiben. Wir müssen außer dem bloß ge-

schichtlichen Anblick der Dinge, den man nicht unschicklich das

zweite Gesicht genannt hat, auch das erste Gesicht selber erlangen,

nämlich die Erkenntnis des Wesenhaften jener Dinge, die im gegen-

wärtigen Zeitverlaufe im Spiele sind — wir müssen zur soziologi-

schen Zergliederung Vordringen, in der wir uns über die Frage klar

werden: welches innere Wesen kommt jenen Mächten zu, die heute

als ein Neues ihre Stellung und Gestalt gewinnen?

Auch hier muß ich ein Bekenntnis vorausschicken, das von der

herkömmlichen Weise abweicht und sich auf die Grundsätze des Ver-

fahrens bezieht: daß nämlich die Zergliederung der staatlichen, wirt-

schaftlichen und gesellschaftlichen Erscheinungen, weil sie zuletzt auf

eine Innerlichkeit stößt, viel mehr ist als ein bloß induktives, be-

schreibendes und logisch verarbeitendes Denken; sie muß, man darf

es ohne Pathos sagen, in die Tiefe des menschlichen Herzens hinab-

steigen als zu dem letzten Quell und Ursprung unseres Lebensgeset-

zes und muß von da aus den Gegenstand „Gesellschaft“ nachschaf-

fend erkennen, muß von da her den Anschluß finden an die Ver-

bundenheit des Einzelnen, gleichsam an sein Erwecktwerden durch

die überindividuelle Ganzheit. Dieses Hinabsteigen, diese Anknüp-

fung meint aber keine Psychologie noch eine bloß künstlerische Er-

kenntnis der Subjektivität unseres Lebens, sie meint auch keine

Weltanschauung, sondern eine objektive, eine s o z i a l e G e i -

s t e s l e h r e . Gesellschaftliche Wissenschaft ist Mit-Wissenschaft des

Innerlichen der gesellschaftlichen Wirklichkeit.

Eine solche Verfahrensweise gründet sich noch auf andere Fähig-

keiten als nur auf das Logische des Denkens oder auf Beobachtung

und Zergliederung des Handgreiflichen, womit wohl die Naturwis-