Die Wert- und Preislehren Smithens, Ricardos, Marxens, der
Grenznutzenschule und der rein mathematischen Schulen haben
sämtlich einen individualistischen Preis- und Tauschbegriff ausgebil-
det. „Was soll aber hier der Begriff ,individualistisch'?“ — so wird
man einwenden. „Der Preis ist doch eine eindeutig bestimmbare Er-
fahrungstatsache, die darin besteht, daß z. B. zehn Schafe den Preis
von einem Ochsen haben, oder daß ein Ballen Baumwolle die Summe
von x Mark kostet. Ebenso eindeutig gegeben erscheint ferner die
Erfahrungstatsache des Tausches. Der Pferdezüchter P tausche z. B.
mit dem Landwirt L Pferde gegen Hafer. Beide treten als Tau-
schende auf. Ist an dieser unzweifelhaften Tatsache etwas zu rütteln?
— kann man hier von ,individualistischer' Auffassung des Preises
und Tausches reden?“
Dem möchte ich Folgendes entgegenhalten. Es handelt sich in
der Volkswirtschaftslehre nicht nur um die F e s t s t e l l u n g des
äußeren Antlitzes der Tatsachen — das mag eine photographische
Platte besorgen. Sie wird dann zeigen, daß A und B jeweils „geben“
und „nehmen“ — obwohl selbst darin schon ein Stück von Ausdeu-
tung, von Theorie liegt. Es handelt sich vielmehr darum, über das
bloße Netzhautbild hinauszugehen, also um den wirtschaftlichen
Sinngehalt, um eine E r k l ä r u n g des Festgestellten. Da nun, wie
sich zeigen wird, von dem Begriffe des Tausches aus der des Preises
sich erst ableitet, hiervon wieder jener der Verteilung erklärt wird,
so beginne ich mit der Untersuchung des Tauschbegriffes.
/
I.
Der Begriff des Tausches
Wenn man nicht nur die äußere Erscheinung, sondern auch den
Begriff des Tausches dahin faßt, daß der Pferdezüchter P mit dem
Landwirt L Güter wechsle, so hat man: I. die Erscheinung in ihrer
äußerlichen Form, gleichsam nach Art einer Lichtbildaufnahme, ge-
treulich festgestellt; sie aber 2. auch dahin begrifflich a u s g e d e u -