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Hat man sich nun die formale Natur des Sozialen im
f u n k t i o n e l l e n A u f b a u seiner Phänomene beschlossen zu
denken, so muß der Begriff des Objektivationssystems als der einer Provinz
im funktionellen Gesamtsystem des sozialen Körpers, das heißt als der
eines f u n k t i o n e l l e n T e i l s y s t e m s gefaßt werden. Eine solche
relativ selbständige funktionelle Provinz kann aber nur dadurch relative
Selbständigkeit erlangen, nur dadurch zum funktionellen Teilsystem
werden, daß sie sich auf ein r e l a t i v s e l b s t ä n d i g e s Z i e l des
menschlichen Handelns gründet. Genauer ausgedrückt: ein funktionelles
Teilsystem entsteht dadurch, daß es ein e i g e n e s S y s t e m v o n
M i t t e l n f ü r e i n r e l a t i v s e l b s t ä n d i g e s Z i e l bildet
und so prinzipiell in sich wahrhaft geschlossen ist (wenn auch
e m p i r i s c h die Störungen von anderen Zielen des Handelns her es
niemals absolut rein zur Verwirklichung kommen lassen werden). So
beruht die Wirtschaft auf dem in sich selbständigen Ziel der
Güterversorgung (für alle möglichen, vorwiegend aber vitale Bedürfnisse),
die Familie auf dem in sich selbständigen Ziel oder Bedürfnis der Liebe der
Geschlechter zueinander usw. Wegen der prinzipiellen, in sich
selbständigen Geschlossenheit des Teilsystems kommt ihm auch innere
Einheit des Aufbaues, das heißt ein spezifischer Charakter, eine eigenartige
S t r u k t u r zu.
So wird es nun klar, was im Satz 2 oben gefordert wird: daß das Prinzip
der Konstruktion des Gesamtsystems nur aus dem Verständnis der
innersten Natur des Sozialen erfließen kann. Was aus
Zusammenspiel der Handlungen für bestimmte Z w e c k e handelt — aber es handelt sich
eben immer nur um die B e w i r k u n g (Vollziehung, Durchführung) der Zwecke, die rein
kausal ist, also um das kausale System der Mittel, nicht um die Zwecke selber, nicht um die
Erörterung der B e r e c h t i g u n g der Zwecke, wie S t a m m l e r meint. Daher ist es nur
scheinbar der Fall, daß der Begriff der B e d e u t u n g oder F u n k t i o n eines Mittels für
die Verwirklichung (Vollziehung) eines Zweckes teleologischer Natur sei. Faktisch ist er rein
kausaler Natur. Teleologisch (final) ist nur die Erörterung der Ziele, z. B. die Erwägung, ob
das Mittel sich als Zwischenzweck dem höheren Endzwecke wirklich unterordne,
subsummiere, nicht mit anderen höheren Zielen im Konflikt stehe und dergleichen mehr.
Solche Untersuchungen sind Sache der Ethik und der praktisch-politischen Erwägung,
welche (wie z. B. die Sozialpolitik) im weitesten Sinne eben auch ethischer Natur ist. Sofern
es sich aber um die B e w i r k u n g des Zieles handelt, tritt nur die kausale Stellung, der
k a u s a l e A n t e i l , das heißt die Funktion der einzelnen Mittel hervor.