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liches bilde
1
. Die rechte Organisationsform der Wirtschaft ist daher
eindeutig bestimmt — durch das Wesen der Sache selbst! Die rich-
tige Ordnungsweise des Wirtschaftslebens ist diejenige, welche aus
der Natur der Wirtschaft entnommen ist.
Dennoch soll an dieser Stelle nicht mit einer weit ausholenden
begrifflichen Untersuchung über das Wesen der Wirtschaft begon-
nen werden. Die wichtigste Erkenntnis darüber, was Wirtschaft
sei, wird sich gelegentlich der späteren Untersuchungen von selbst
ergeben. An dieser Stelle sind unsere entscheidenden Fragen: Welche
Grundgestalten, Organisationsformen oder Verfassungstypen der
Wirtschaft sind überhaupt denkbar? — und welche Lebensfähigkeit
haben sie?
Zur leichteren Verständlichkeit des Folgenden wird es dienen,
wenn wir unsere späteren Ergebnisse in Form von Streitsätzen
(Thesen) vorwegnehmen, damit der Leser von Anbeginn wisse,
worauf die Untersuchung abzielt.
1.
Man kann vier Grundgestalten oder Organisationsformen
der Wirtschaft unterscheiden: die reine Verkehrswirtschaft, auch
freie Verkehrswirtschaft oder reiner Kapitalismus genannt; die reine
Planwirtschaft, auch kollektive oder kommunistische Wirtschaft ge-
nannt; die körperschaftliche oder ständisch gebundene Wirtschaft;
die frei geregelte Wirtschaft, auch gemäßigter Kapitalismus genannt.
2.
Von diesen vier Grundgestalten ist die reine Verkehrswirt-
schaft vollständig utopisch, die kommunistische Wirtschaft grund-
sätzlich utopisch, aber in gewissen Grenzfällen verwirk-/lichbar, die
frei geregelte Wirtschaft vorübergehend geschichtlich möglich und
die ständisch gebundene Wirtschaft die eigentliche und wesens-
gemäße, die einzig wahrhaft wirkliche Wirtschaftsform. Kurz aus-
gedrückt, läßt sich auch sagen: Von den genannten vier Wirtschafts-
formen sind die ersten beiden utopisch, die letzten beiden allein
in der Wirklichkeit möglich; davon jedoch nur die ständisch ge-
bundene dauernd möglich.
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Den näheren Nachweis, bei dem wir uns hier nicht aufhalten können,
siehe in meiner Kategorienlehre, Jena 1924, S. 99 ff. und 326 ff. [2. Aufl.,
Jena 1939, S. 104 ff. und 371 ff.]; Gesellschaftsphilosophie, München 1928,
S. 117 ff.; Geschichtsphilosophie (= Ergänzungsbände zur Sammlung Herd-
flamme, Bd 5), Jena 1932, S. 131 ff.