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wisse Papiere kauft, um andere zu verkaufen — lauter für sich da-
stehende „einzelne“ Handlungen. Wir pflegen uns dabei ferner je-
den wirtschaftlichen Vorgang, jeden Tausch wie jede Erzeugung als
eine auf S e l b s t e n t s c h l i e ß u n g der Personen beruhende
Handlung zu denken, die lediglich dem Einzelnen selbst anheim-
gegeben sei.
Ich nenne dieses Merkmal unserer heutigen Vorstellung vom
Wirtschaften, daß nämlich die Handlungen auf der eigenen, der
subjektiven Entschließung und Tat des Einzelnen beruhten, das
Merkmal des individuellen Ursprungs der Wirtschaft.
Das zweite Grundmerkmal, das man bei jener Art, die Wirt-
schaft vorzustellen, mitdenkt, nämlich das Zusammentreffen der
Handlungen mehrerer Wirtschafter, wofür das Wort „Verkehr“
gebraucht zu werden pflegt, nenne ich das Merkmal des Verkehrs.
Im sogenannten „Verkehr“ kommt das Merkmal des individuellen
Ursprungs der Wirtschaft erst zur Erscheinung. Man stellt sich vor,
daß die Wirtschaft aus Beiträgen der Einzelnen zusammengesetzt
wird und daß also die Erscheinungsform dieser Zusammensetzung
oder Zusammenlegung der Handlungen der „Verkehr“ sei. Beiden
Merkmalen entspricht der Begriff des freien Privateigentums. /
Nun behaupte ich: Sowohl jener „individuelle Ursprung" der
Wirtschaft wie dieses „Zusammentreffen der Handlungen“, dieser
„Verkehr“ (ein Verkehr also, der durch Z u s a mm e n s e t z u n g
aus wirtschaftlichen Einzelhandlungen entstünde) ist eine Täu-
schung; beide Begriffsmerkmale sind trügerisch. Der Begriff einer
reinen oder „freien“ „Verkehrswirtschaft“, den sie begründen, ist
ein Unbegriff.
Wenn diese Behauptung richtig ist, so folgt daraus, daß es reine
Verkehrswirtschaft auch nirgends in der Welt gegeben hat noch
geben kann, daß sie daher eine vollkommen utopische Daseinsweise
oder „Grundgestalt“ der Wirtschaft sei.
Ich bemerke dazu, daß es, s o z i o l o g i s c h gesehen, den Ein-
zelnen als solchen (das heißt als seinem Begriffe nach absoluten Ein-
zelnen) überhaupt nicht gibt, daß sein Begriff nur eine Abstrak-
tion, und zwar eine wesenswidrige Abstraktion ist. Die Verkehrs-
theorie macht mit einem Begriffe Ernst, der schon auf dem weite-
ren Gebiete der Gesellschaft ungültig ist, für den daher auf dem