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struierte Freiheit, sondern o r g a n h a f t e F r e i h e i t , Freiheit,
die mit einem fruchtbaren, erzieherischen Zwange verbunden sein
kann. An die Stelle des leeren Freiheitsbegriffes tritt nun vielmehr
der Begriff der Gerechtigkeit, welche jedem Einzelnen aus dem Gan-
zen gibt und jeden Einzelnen für das Ganze verrichten, leisten läßt!
— Endlich: Der Staat ist nicht ein bloß utilitarisches Gebilde,
sondern eine g e i s t i g - s i t t l i c h e W i r k l i c h k e i t , welche
Ausdruck innerer Gesinnung (gleich der Sittlichkeit) und Ausdruck
des gesamten Volkstums ist.
Nach denselben Grundsätzen der Ganzheit erklärt sich nun das
Wesen der ganzheitlichen Wirtschaft. Diese ist nun ihrem Wesen
nach nicht mehr ein Ergebnis des „Eigennutzes“, der Einzelnen, son-
dern ist ein G e b ä u d e v o n M i t t e l n f ü r Z i e l e . Der
Grund und Boden, die Rohstoffe, die Maschinen, die Arbeitskräfte,
die Häuser, die Theater und Kirchen, die Erfindergedanken und so
fort — sie alle sind Mittel, Mittel welche dienen, leisten. Denn die
Wirtschaft hat der Kultur, dem Staate, den Lebenszwecken aller zu
dienen. Und wesensgemäßer Weise g l i e d e r t s i c h dieses Ge-
bäude nach relativer Gleichartigkeit. Die Wirtschaft als Gesamtsy-
stem von Mitteln für Ziele genommen ist daher, wenn diese organi-
siert wird, ein Gesamtstand, der sich in viele fachliche Teilstände
oder Berufstände untergliedert. Diese Teil- oder Berufstände haben
ihre jeweils arteigene, verhältnismäßig eigenständige S e l b s t v e r -
w a l t u n g und damit je eine besondere Vita propria, das heißt ein
g l i e d h a f t e s E i g e n l e b e n . Die Berufstände bilden ferner
kein bloßes Nebeneinander, sondern einen f a c h l i c h e n S t o c k -
w e r k b a u von Sonderständen mit gliedhafter Selbstverwaltung.
Dieser fachliche Stockwerkbau gehört der Wirtschaft selbst an, da-
hinter steht die gebietliche (territoriale) Gliederung in Länder, Gaue
und so fort, die vom Staate ausgeht.
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Der Stockwerkbau von Berufständen (in gebietlichen Zusam-
menfassungen) wird gekrönt durch eine höchste Spitze, welche ich
das wirtschaftliche Ständehaus nennen möchte. Dieses wirtschaft-
liche Ständehaus ist kein „Parlament“, in welchem heterogene Men-
schen Zusammenkommen und über alles Mögliche zu reden haben
(wie im allgemeinen „Volkshaus“), sondern eine Spitze, welche
unterbaut ist durch fachliche und gebietlich gegliederte Unterkörper-
schaften mit jeweils arteigenen Hoheitsrechten, welche eben das aus-