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Lohngesetz“ und ähnliche grundlegende Begriffe des marxistischen
Denkens mehr oder weniger unbewußt oder bewußt glauben. Sie
machen sich aber nicht klar, daß diese, zu Ende gedacht, unweiger-
lich zum Bolschewismus führen. Die erste Aufgabe unserer Wirt-
schaftsführer und Geistesführer müßte daher sein, sich selbst vom
Marxismus zu reinigen. Wenn sich heute die Wirtschaftsführer und
die Gebildeten unseres Volkes über die theoretischen Grundirr-
tümer des Marxismus klar sind, gibt es morgen keinen Marxismus
mehr. Es wird dann zwar noch eine Arbeiterfrage geben, aber sie
wird ein anderes kulturelles, geistiges und sogar ein anderes wirt-
schaftliches Gesicht haben.
Was dem Marxismus gegenüber gilt, gilt auch den sogenannten
Interessenverbänden gegenüber: der Glaube an ihre materialistische
Natur muß überwunden werden. Wie diese Verbände in Wahrheit
nicht in mechanisch gegebenem, in „naturnotwendigem“ Gegensatz
zueinander stehen, so verlangen sie auch nicht mit mechanischer
Notwendigkeit eine nackte „Interessenpolitik“; vielmehr ist es die
geistige Einstellung, die daraus folgende Auffassung der wirtschaft-
lichen Voraussetzungen und Ziele der Verbände, welche richtung- /
gebende grundlegende Bedeutung hat. Wir behandeln im folgenden
als die Haupttypen der „Interessenverbände“ nur Gewerkschaft auf
der einen Seite, Konzern und Kartell auf der anderen Seite.
Die entscheidende Tatsache, die es hier zu erkennen gilt, ist, daß
die sogenannten Interessenorganisationen heute von Unternehmern
wie von Arbeitern in einem grundsätzlich individualistischen Sinne
aufgefaßt werden. Wenn ich von „Idealismus“ spreche, so meine ich
dabei nicht in erster Linie den praktischen „Berufsegoismus“, der
alle diese Verbände erfüllt. Ich meine damit vielmehr noch d i e
t h e o r e t i s c h e Auffassung vom Wesen und von den Pflichten
eines solchen Verbandes. Kurz gesagt: Die h e u t i g e E i n -
s t e l l u n g d e r V e r b ä n d e b e i d e r L a g e r i s t e i n e
i n d i v i d u a l i s t i s c h - a t o m i s t i s c h e ; s i e s o l l t e a b e r
d e m W e s e n d e r S a c h e n a c h e i n e o r g a n i s c h - u n i -
v e r s a l i s t i s c h e s e i n . Dies gilt es nun näher zu erklären.
Die individualistische oder atomistische Auffassung erklärt das
Wirtschaftsleben aus den Kräften des einzelnen wirtschaftlich han-
delnden Menschen. Im „freien Wettbewerb“, als dem Aufstachler
und Erhalter dieser Kräfte, im wirtschaftlichen E i g e n n u t z a l s