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„Eigennutz der Gruppe“ das tiefere und echte Wesen des Wirt-

schaftsverbandes ist, sondern dieses: Organ, Verrichtungsträger im

Ganzen der Volkswirtschaft zu sein, so folgt daraus, daß nur die Er-

langung seiner organhaften Stellung im Ganzen den Verband auf

die Dauer lebensfähig erhält. Woraus schöpft z. B. der Wirtschafts-

verband der Eisenbahner seine Daseinsberechti- / gung und Daseins-

möglichkeit? Doch nicht aus dem Privateigennutze seiner Mitglieder.

Vielmehr lediglich aus der Stellung der Eisenbahnleistungen im ge-

genseitigen, im organischen Gesamtaufbau aller wirtschaftlichen Lei-

stungen. Würde dagegen etwa durch das Flugwesen die Eisenbahn-

leistung überflüssig, so nützte der ganze Privateigennutz des Eisen-

bahnerverbandes nichts: man müßte die Eisenbahnerleistung (wenn

auch unter persönlicher Schonung, z. B. durch Umschulung) abbauen

und die Fliegerleistung erweitern. — Und steht es im Grunde nicht

so bei jedem Verband? Handelt es sich denn in Wahrheit nicht

immer und überall in der Wirtschaft um objektive Verrichtungen,

keineswegs um subjektiven Eigennutz? Als die Buchdrucker zur Zeit

der Hochflut der Inflation sich ihren Lohn in Dollar erstreikten

(anläßlich des Banknotendruckes in nichtstaatlichen Betrieben), hat-

ten sie zwar die Macht, diesen Berufseigennutz durchzusetzen —

aber sie hatten nicht die Macht, ihre o r g a n i s c h e S t e l l u n g

im Ganzen der Volkswirtschaft zu ändern (das heißt so in die Höhe

zu schrauben, als jenen Forderungen entsprochen hätte). Denn da

ihren Erzeugnissen eine so hohe Bedeutung nicht zukam, Buch-

und Zeitungsverleger usw. bei den nunmehr durch den Dollarlohn

unerschwinglichen Preisen vielmehr ihre Erzeugung einstellen

mußten, lagen die Betriebe bald still, und die Arbeiter mußten ent-

weder abwandern (was zum Teil geschah) oder, was bald folgte, ihre

Forderungen wieder so weit zurückschrauben, daß der Wirtschafts-

zweig als solcher (die Branche) leben konnte. Die Setzer hatten einen

Augenblick lang vergessen, daß nicht ihr einzelner Eigennutz, son-

dern nur ihre Leistung, Verrichtung, eine wirtschaftliche Kraft ist;

sie hatten vergessen, daß sie nur Verrichtungsträger in einer or-

ganisch gefügten Ganzheit der Volks- und Weltwirtschaft waren —

und die Strafe folgte auf dem Fuße. — Ähnliches geschieht täglich

jenen Kartellen, Konzernen, Verbänden, die ihre Forderungen über-

spannen, nur werden die Fehler, weil meist weniger kraß, kaum je

so klar zutage treten, die krisenhaften Folgen weniger sichtbar.