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wirtschaften als arteigene Einheiten weg, dann blieben nur einzelne

Wirtschaftssubjekte übrig, die miteinander überall schrankenlos

„verkehrten“ (kauften und verkauften). Es gäbe dann nur „Ver-

kehrswirtschaft“ schlechthin, die ganze Erde wäre ein einziges „Ver-

kehrsgebiet“, an die Stelle der Wirtschaftsganzheiten träten lauter

Verkehrsakte der Wirtschaftsindividuen an sich selbst — eine Uto-

pie, die noch unmöglicher, noch wesenswidriger ist als jene des Kom-

munismus.

1

Für die organisch-universalistische Auffassung ist die Erkenntnis

entscheidend: daß überall die niedere Ganzheit von der höheren

zwar ihre entscheidenden Lebensbedingungen empfängt, nicht aber

darum in ihrem Eigenleben beeinträchtigt oder gar abgetötet, nicht

von der höheren Ganzheit aufgezehrt wird. Denn das Ganze wird

in den Gliedern geboren.

Es gilt aber nun aufzuklären: was es heißt, „entscheidende Le-

bensbedingungen“ von der höheren Ganzheit zu empfangen? Fassen

wir als Beispiel eine tief im Gebirge liegende Tiroler Bauernwirt-

schaft ins Auge, von der man manchmal sagen hört, daß sie fast

selbstversorgend sei, indem sie nur hie und da etwa ein Stück Vieh

verkaufe, um die Steuer zu bezahlen oder einige notwendige An-

schaffungen zu besorgen. Gehen wir auf diese Übertreibung ein und

nehmen wir an, daß diese Bauernwirtschaft nur dann und wann ein

paar Sensen und einen Pflug gegen einige Stück Vieh tausche, mit

denen auch die Steuer bezahlt werde, im übrigen aber alles selbst

hervorbrächte.

2

Selbst in diesem Falle aber ist die Gliedhaftigkeit des Bauernhofes

in der gesamten Volks- und Weltwirtschaft, die durch Pflug und

Sense hergestellt wird, entscheidend. Nicht auf die Menge der von

anderen Wirtschaftsgebilden übernommenen Erzeugnisse kommt es

an, sondern auf die Lebensbedingung, die damit für die eigene Wirt-

schaft gegeben ist. Der eingetauschte Pflug stellt die gesamte Ergie-

1

Den näheren Nachweis dafür siehe in meinem Buch: Tote und lebendige Wis-

senschaft (1921), 3. Aufl., Jena 1929, S. 353 ff. [5. Aufl., Graz 1967, S. 316 ff.]

2

Wovon natürlich nie die Rede sein kann und nicht einmal in vorgeschichtlichen

Zeiten die Rede sein konnte, denn streng „geschlossene Hauswirtschaft“ — wie

Bücher will — gab es niemals, stets war sie in den größeren Zusammenhang

einer Art von Gebiets- und Weltwirtschaft eingegliedert (vgl. z. B. nur die vor-

geschichtlichen „Depotfunde“ und so fort!).