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relativ rationales Handeln.... Wie das Quirlen den Funken aus dem

Holz, so lockt die „magische“ Mimik des Kundigen den Regen aus

dem H i mme l . . . . Das religiöse ... Handeln ... ist also gar nicht aus

dem Kreise des alltäglichen Zweckhandelns auszusondern, zumal

auch seine Zwecke selbst überwiegend ökonomisch sind.“

1

— Daß

die Zwecke des religiösen Handelns „überwiegend ökonomisch“

seien, wie Max Weber hier behauptet, wird wohl kaum jemand un-

terschreiben können. So redet ein Blinder von der Farbe. Begriffs-

bestimmungen dieses Stiles finden sich aber leider auf Schritt und

Tritt. Zum Beispiel: „Wie der Zauberer sein Charisma [Gnaden-

gabe], so hat der Gott seine Macht zu b e w ä h r e n . Zeigt sich

der Versuch der Beeinflussung dauernd nutzlos, so ist entweder der

Gott machtlos oder die Mittel seiner Beeinflussung sind unbekannt

und man gibt ihn auf.“

2

Auch hier wird der Gottesbegriff von der

denkbar äußerlichsten Seite und von entarteten Erscheinungen her

gefaßt: von hier aus glaubt Max Weber das Recht ableiten zu kön-

nen, das Metaphysische, den Kern jedes Gottesbegriffes, — zu über-

gehen.

Im folgenden Abschnitt „Zauberer—Priester“ heißt es: „Priester,

die Funktionäre eines regelmäßig organisierten stetigen B e t r i e -

b e s zur Beeinflussung der Götter gegenüber der individuellen In-

anspruchnahme der Zauberer von Fall zu Fall.“ „Typisch ist für den

Priesterbegriff, daß der Funktionär dauernd angestellt ist, indessen

die Zauberer einen freien Beruf ausüben.“

3

Solche Ausführungen

muten wie Hohn auf ernste Wissenschaftlichkeit an. Und sie stim-

men nicht einmal mit den Geschichtskenntnissen eines Gymnasiasten.

War nun Agamemnon, der nicht in einem „Betrieb“ als „Funktionär

dauernd angestellt“ war, Priester oder Zauberer? — Das alte Chri-

stentum nennt Max Weber „eine spezifische Handwerkerreligiosi-

tät“

4

. „Sein Heiland ein landstädtischer Handwerker, seine Missio-

nare wandernde Handwerksburschen . . . “ (ebenda) — w a h r l i c h

e i n e g r o ß a r t i g e I n t u i t i o n ü b e r r e l i g i ö s e Be-

r u f u n g !

1

Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 227.

-

Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 243.

3

Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 241; Hervorhebung von mir. Spann.

4

Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 275.