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nannten Seelengrund, das „Fünklein“. Man kann es am kürzesten
als Organ mystischer Erfahrung bezeichnen.
In einer seiner unmittelbarsten, kühnsten Predigten spricht sich
Eckehart über das Fünklein im Hinblick auf das Erkennen fol-
gendermaßen aus
1
:
„Nun ist eine Frage, woran Seligkeit allermeist liege? (Seligkeit bedeutet hier
Gotteserfahrung.) Etliche Meister haben gesprochen, daß sie liege an der Minne.
Andere sprechen, sie liege an Erkennen und an Minne und sprechen besser. Aber
wir sprechen, daß es nicht liege an Erkenntnis noch an Minne; sondern ein Ding
ist in der Seele, von dem fließet Erkenntnis und Minne (das Fünklein, der Seelen-
grund). Das erkennet selber nicht, noch minnet es also wie die Kräfte der Seele.
Der das erkennt, der erkennt, woran Seligkeit liege. Dies (das Fünklein) hat
weder Vor noch Nach (es ist überzeitlich), und es ist nicht wartend eines kom-
menden Dinges, denn es mag weder gewinnen noch verlieren. Darum, so ist es
beraubet, daß es nicht w e i ß , in sich zu wirken; vielmehr: Es ist selber das selber,
das seines Selbstes gebrauchet nach der Weise Gottes.“ (Womit Eckehart, ganz wie
Fichte, die Selbstsetzung lehrt!)
Hieraus ersehen wir, was alle mystische Erkenntnislehre kenn-
zeichnet: Daß Eckehart etwas noch über der Erkenntnis Stehendes
annimmt, das nämlich, wodurch mystisches Innewerden eines über-
sinnlichen, göttlichen Seins erst möglich wird. Eckehart bestimmt
es deutlicher denn andere Mystiker als das Urorgan und die Wur-
zel, als „Fünklein“. Man muß dies daraus begreifen, daß die innere
Gotteserfahrung mit der gewöhnlichen, sinnlich vermittelten nicht
gleichgesetzt werden kann.
In diesem Zusammenhange ist auch wichtig, welche Vorstellung
der Mystiker von dem erfahrenen göttlichen Sein habe. Meister
Eckehart folgt hier dem Gottesbegriffe des Aristoteles, indem er
Gott faßt als:
„Eine Vernunft, die da lebet in ihrer Erkenntnis allein. Gott ist da in ihm
selber bleibend, den nie etwas berührte, weil er da allein ist in seiner Stillheit.
Gott in seiner Selbsterkenntnis erkennt sich selber in ihm selber.“
2
1
Vgl. Meister Eckehart, herausgegeben von Franz Pfeiffer, Göttingen 1857
(= Deutsche Mystiker des 14. Jahrhunderts, Bd 2, seither mehrere Nachdrucke,
4. unveränderte Aufl., Göttingen 1926), Predigt LXXXVII, S. 282, Zeile 15 ff. —
Die Stellen in Klammer sollen den Pfeiffertext erläutern und stammen von mir.
Bei der Übertragung hielt ich mich so wörtlich als möglich an den mittelhoch-
deutschen Wortlaut. — Bei späteren Anführungen von: Meister Eckehart, Die
deutschen und lateinischen Werke, herausgegeben im Auftrage der Deutschen
Forschungsgemeinschaft, Stuttgart 1936 ff., werden deren Seitenzahlen selbst,
nicht die am Rande ausgeworfenen genannt.
2
Meister Eckehart, Predigt LXXXIV, S. 269, Zeile 39.