Vorwort zur zweiten Auflage
Die Geschichte beweist, daß es stets die Kategorienlehre war,
welche zuletzt dem Verfahren der Wissenschaften das Gepräge gab.
Eine Kategorienlehre, welche den Zweck in den Vordergrund
stellte, wie es der Aristotelismus vermittels des Formbegriffes tat,
mußte das teleologische Verfahren zur Ausbildung bringen; eine
solche, welche die Beziehung oder mathematische Funktion zur
Grundlage nahm, das ursächlich-mechanische Verfahren mit seiner
reinen Empirie; eine solche, welche den Gegensatz zum Mittel-
punkte machte, das dialektische Verfahren; und daß eine Kate-
gorienlehre, die von der Ganzheit ausgeht, der Wissenschaft ein
ganzheitliches Verfahren bringen müsse, liegt daher in der Natur
der Sache.
Nur wenn sich eine Kategorienlehre im Verfahren der Wissen-
schaften als fruchtbar erweist, hat sie ihre Probe bestanden. Ande-
renfalls kann sie zwar noch für die übrigen philosophischen Fragen
Grundlegendes leisten, aber das Gebäude der Kategorien selbst
bleibt dann wirkungslos. Das erweist sich zum Beispiel deutlich an
Kant, dessen Kategorienbegriff, das Apriori, zwar Großes leistete,
dessen Kategorientafel aber uneinheitlich ist, daher einerseits
ein teleologisches oder apriorisches Verfahren nicht neu begründete,
während andererseits das ursächliche Verfahren ihrer nicht bedurfte.
Auch die ganzheitliche Kategorienlehre kann vor der Geschichte
nur bestehen, wenn sie in das Verfahren der Wissenschaften ein-
dringt und sich dort bewährt.
Daher war es in der neuen Auflage mein Bestreben, dem Nach-
weise der grundlegenden methodischen Bedeutung der ganzheit-
lichen Kategorien für die einzelnen Wissenschaften noch größere
Sorgfalt zuzuwenden, als es schon in der ersten Auflage geschah.
Das lag überdies darum nahe, weil mir seit / der ersten Auflage
eine vieljährige analytische Arbeit in fast allen Geisteswissen-
schaften immer wieder die wunderbare Fruchtbarkeit der ganzheit-
lichen Kategorien in allen Einzelheiten der Forschung erwies. Auch
die erfolgreichen Arbeiten meiner Schüler (zum Teil niedergelegt
in den Sammlungen „Deutsche Beiträge“, Verlag Gustav Fischer,
Jena, und „Gesellschaftswissenschaftliche Abhandlungen“, Verlag
Franz Deuticke, Wien) werden jeden Fachmann überzeugen, daß