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Gott sei sich selbst Ursache, sei „causa sui“, hebt den Begriff der
Ursächlichkeit für Gott auf, da dasjenige, was seine eigene Ursache
ist, eben keine „Ursache“ mehr wäre, sondern über alle Ursächlich-
keit hinausragt. Mit anderen Worten: aus dem B e g r i f f e der
causa folgt keine causa a se, sondern immer nur eine andere causa.
Wenn man aus dem B e g r i f f e der Ursache auf mehr schließt als
wieder auf Ursachen, nämlich auf eine Uber-Ursache, so ist dies
unstreitig ein Übergang in eine andere Begriffsebene, eine
μετάβασις εις
άλλο γένος
.— Weil also die Denkform der Ursächlichkeit so völ-
lig dem Endlichen angehört, kann sie auch nicht über das Endliche
hinausführen. Im Endlichen ist jede Erscheinung „Wirkung“ einer
Ursache und n i c h t s als das; diese Ursache daher wieder Wir-
kung vorheriger Ursachen und nichts als das und so fort. Wo soll
hier ein Ende gefunden werden? Nimmt man auch die Welt als
Ganzes u r s ä c h l i c h , dann kann vom Ursachenbegriff her wie-
der nur auf eine weltliche, endliche Ursache geschlossen werden.
Rein logisch gesehen ist daher der Kreis nicht zu durchbrechen.
Faßt man die Sache rein menschlich auf, so wird man gleichwohl
zugestehen, daß sich niemand so leicht dem kosmologischen Be-
weisgrunde entziehen kann. Wer den flammenden Sternenhimmel
erblickt, denkt ihn wie durch eine unwillkürliche Nötigung von
Gottes Hand geschaffen. Aber dies geschieht, i n d e m e r d e n
m e c h a n i s c h e n U r s ä c h 1 i c h k e i t s b e g r
i
r
f
v e r -
l ä ß t u n d d e n S c h ö p f u n g s b e g r i f f a n s e i n e
S t e l l e s e t z t . Bliebe er beim rein endlichen Begriffe der Ver-
ursachung, dann käme er nur von dem jetzigen Zustande zu einem
früheren als dessen Ursache und so fort ohne Aufhören; dann
käme er schließlich zu dem Ergebnisse jenes Mathematikers der
Aufklärungszeit, welcher sagte: er habe den ganzen Himmel durch-
forscht, aber nirgends den Finger / Gottes gefunden. Der
Schöpfungsbegriff, der hier im anderen Falle unterstellt wird,
schließt den Begriff Gottes schon in sich, es wird also vorausgesetzt,
was rein begrifflich bewiesen werden soll. Soll daher der kosmologi-
sche Beweis b e g r i f f l i c h gelten, wie er als n a t ü r l i c h e r
so sehr das Herz ergreift, dann müßte er eine tiefe Umbildung er-
fahren: Es müßte, gleichwie im Begriffe der Welt die Ursächlichkeit
als wesentlicher Bestandteil, als Erfahrungstatsache, vorausgesetzt
wird (wovon aber der Schluß auf Gott logisch nicht möglich ist), so