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s e l b s t w i e d e r l a u t e r e s S c h a f f e n i s t . Dadurch ent-
hält es eine gewisse Losgelöstheit, G e t r e n n t h e i t von Gott:
Es ist Geschaffen-Werden und erst aus diesem kann es der Mög-
lichkeit und der Wirklichkeit nach, das heißt als Folgerung, seiner-
seits wieder in Schaffen übergehen, ausbrechen. Dieses Schaffen ist
daher Sein abgeleiteter Art. Es ist zweites Sein, das aus erstem Sein
folgt.
Auf diese abgeleitete Weise erst geschieht es, daß das geschöpfliche
Sein eine in s i c h s e l b s t e r r e g t e W e s e n h e i t besitzt,
die nach Maßgabe ihrer Natur, das heißt ihrer ganz bestimmten in-
haltlichen Geschaffenheit, wieder selber schafft. Das Geschöpf muß
in sich selbst das als Geschaffen-Werden Vorgefundene gleichsam als
sein eigenes Pfund gebrauchen und damit wuchern. Es muß, wie wir
früher darlegten, durch Schauen in Handeln ausbrechen, es muß im
Schauen a n s a m m e l n , was im Handeln überfließen soll
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.
So wird das Geschaffene zum Geschöpf. So entstehen die Welt und
die Weltarbeit. Und da diese Welt nach Weise der Rückverbunden-
heit in Gott verbleibt, so scheidet sich mit der Weltschöpfung (be-
grifflich, nicht zeitlich) die l a u t e r e G o t t h e i t , die in in-
nerer Selbstsetzung das inner-göttliche Leben als in einem unzu-
gänglichen Lichte, wie die Schrift sagt, verbringt, von G o t t
d e m S c h ö p f e r , der als Herr die Welt lenkt und erhält.
Hiermit ist der Unterschied des Urschaffens und des abgeleiteten
Schaffens gekennzeichnet, aber die Hauptfrage, worin der Grund
der Schöpfung liege, noch nicht berührt. Diese Frage ist aber nur
verneinend zu beantworten. Im Begriffe des Ur- / Schaffens, im
Begriffe der lauteren Gottheit liegt an sich noch nichts, was zur
Schöpfung der Welt hindrängte. Die in sich selbst wesende, lautere
Wirklichkeit ist auch in sich selbst vollendet und hat es nicht nötig,
sich erst durch ein Geschöpf zu vollenden. Die lautere Gott-Wirk-
lichkeit hat nichts in sich, was nach außen hinwiese. Die Wendung
der lauteren Gottheit zur Schöpfung der Welt bleibt als allerfrei-
willigste Tat der Gottheit dem menschlichen Verstande ewig ein
Geheimnis. Darum auch alle tieferen Religionen und am meisten das
Christentum überall annahmen, Gott habe die Welt aus Liebe ge-
schaffen. Weder in Gott noch in der Welt selbst kann Notwendig-
Siehe oben S. 55 f. und 71 f.