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nichts. Es gibt willkürliche, falsche Begriffe, und deren Gegenstand

ist nicht.

Beim ontologischen Beweis kann daher nur die Richtigkeit des

Begriffes angefochten werden, nicht aber der Schluß auf das Dasein

der im Begriffe ausgesprochenen Wesenheit. Wer den ontologischen

Beweis anfechten will, muß beweisen, daß der notwendigste Begriff,

der Begriff „Gott“, ein ähnlich willkürlicher Begriff wäre wie der

Begriff Flügelpferd!

Das zeigt sich auch an dem Kantischen Einwand von den hundert

Talern. Kant sagte, daß hundert gedachte Taler keine wirklichen

Taler wären. Diesem Einwand ist schon Hegel treffend begegnet

1

.

Von unserem Standpunkte aus ist zu sagen: daß / dem Begriffe

des Talers wirkliche Taler entsprechen müssen, sonst könnte dieser

Begriff als ein richtiger gar nicht gebildet werden. Erstens: Es gibt

den Begriff „Geldwesen“; wäre ein solches nicht vorhanden, wie

man es sich etwa bei einfachsten Naturvölkern vorstellt (wo es in-

dessen in unentwickelter Form stets auch da ist), dann gäbe es diesen

Begriff eben nicht; gibt es aber diesen Begriff als einen richtig ge-

bildeten, gültigen, dann muß es auch Geld geben. Eine geschichtliche

Form desselben ist der Taler. Von den Begriffen: Staat — Volks-

1

Vgl. Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grund-

risse, in 2. Auflage neu herausgegeben von Georg Lasson, Leipzig 1905, § 51

( = Philosophische Bibliothek, Bd 33). Hegel sagt dort: „Die Kantische Kritik

des ontologischen Beweises hat ohne Zweifel auch dadurch eine so unbedingt

günstige Auf- und Annahme gefunden, daß Kant zur Verdeutlichung, welch ein

Unterschied sei zwischen Denken und Sein, das Beispiel von den h u n d e r t

T a

1

e r n gebraucht hat, die dem B e g r i f f e nach gleich hundert seien, ob sie

nur möglich oder wirklich seien; aber für m e i n e n Vermögensstand mache dies

einen wesentlichen Unterschied aus. — Nichts kann so einleuchtend sein, als daß

dergleichen, was ich mir denke oder vorstelle, darum noch nicht w i r k l i c h ist,

— der Gedanke, daß Vorstellen oder auch der Begriff zum Sein nicht hinreicht. —

.. . (es) sollten doch wohl zunächst diejenigen, die immer und immer gegen die

philosophische Idee / wiederholen, daß D e n k e n u n d S e i n v e r s c h i e -

d e n seien, voraussetzen, den Philosophen sei dies gleichfalls nicht unbekannt;

was kann es in der Tat für eine trivialere Kenntnis geben? Alsdann aber müßte

bedacht werden, daß, wenn von G o t t die Rede ist, dies ein Gegenstand an-

derer Art sei als hundert Taler und i r g e n d ein besonderer Begriff, Vorstel-

lung oder wie es Namen haben wolle. In der Tat ist alles E n d l i c h e dies und

nur dies, daß das D a s e i n d e s s e l b e n v o n s e i n e m B e g r i f f e v e r -

s c h i e d e n ist. Gott aber soll ausdrücklich das sein, das nur ,als existierend ge-

dacht* werden kann, wo der Begriff das Sein in sich schließt. Diese Einheit des

Begriffs und des Seins ist es, die den Begriff Gottes ausmacht.“