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er von der Idee Gottes als einer gegebenen Tatsache in uns ausging;

ferner in umgebildeter Form L e i b n i z

1

. Zuletzt gab H e g e l

diesem Beweise eine umfassende Gestalt

2

. Trotzdem vermochte er

nicht zur Anerkennung zu gelangen.

Hat das Sein überendliche Bestandteile in sich, so auch, nach den-

selben Kategorien, das Denken.

Es steht uns fest

3

, daß das „Sein“ nicht allgemeinste Aussage (Prä-

dikat) des Gegenstandes ist, nicht das Leere und Unterschiedslose,

das zu allem hinzukommen könnte, sondern gerade das unentbehr-

liche Erzeugende, das Subjekt. Sein ist die Quelle aller Aussagen,

so sagten wir, nicht selbst Eigenschaft. Darum kann zu einem We-

sensgehalte nicht eigentlich ein Sein hinzukommen, und das Denken

des Wesensgehaltes oder der Begriff g i l t nur, weil sein Gegenstand

ist. Dem Gegenstand keines wahren Begriffes kann es am Sein man-

geln. Der wahre Begriff sagt Eigenschaften eines Seienden aus. Das

S e i n i s t d i e Q u e l l e d e r E i g e n s c h a f t e n . Der In-

begriff aller Eigenschaften oder die Wesenheit kann von der Wirk-

lichkeit nicht grundsätzlich absehen, muß aber allerdings die ge-

schichtlich eingeschränkten Bedingungen der Verwirklichung be-

rücksichtigen. Der denkbar höchste Begriff oder der Begriff des

Vollkommensten muß auch darin die höchste Stellung einnehmen.

Jedoch nimmt er keine grundsätzliche / Sonderstellung ein, sondern

ähnelt darin allen anderen Begriffen. Denn grundsätzlich sagt jeder

Begriff die Ausgliederung von S e i n zu einem Gliederbau von

Seinsbesonderungen oder „Eigenschaften“ aus. Ein Begriff, der nicht

Seiendes aussagte, wäre ein Unbegriff. Kurz gesagt: Was gedacht

werden muß, muß auch sein. Richtig gedacht wird nur, was ist,

ebenso: richtig denkbar ist nur, was ist. Daher läßt sich aus dem

richtigerweise Denkbaren auch auf die Wirklichkeit schließen.

Der Begriff „Flügelpferd“, den man in der Logik als Beispiel will-

kürlicher Merkmalszusammensetzung anführt und als Beweis dafür,

daß nicht alles, was gedacht wird, auch sei, beweist in Wahrheit gar

1

Gottfried Wilhelm von Leibniz: Monadologie, deutsch von Robert Zimmer-

mann, Wien 1847, § 45.

2

Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse,

in 2. Auflage neu herausgegeben von Georg Lasson, Leipzig 1905, § 51 (= Phi-

losophische Bibliothek, Bd 33).

3

Siehe oben S. 100 ff.