Table of Contents Table of Contents
Previous Page  4679 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 4679 / 9133 Next Page
Page Background

[408/409/410]

367

nennen wir es die Magie des Raumes, daß in ihm das Ferne nahe

gebracht wird, in dem Sinne nämlich, daß die ferne Raumgestalt in

der eigenen Gestalt mit dabei sei und sozusagen unvermittelt „ge-

spürt“ werde. / Daß ein „Hier“ und „Da“ sich entsprechend än-

dert, wenn ein ganz fernes „Anderswo“ seine Gestalt ändert, das

beweist die Einheit aller Gestalten. Überall, wo ein Einheitszusam-

menhang in der Natur ist, ist schon mehr als bloßes Sosein (Stoff-

lichkeit) und bloßes Nebeneinander (Räumlichkeit), ist, wie wir

nachwiesen, vielmehr schon ein Vor-Stoffliches und Vor-Räum-

liches, unbeschadet dessen, daß es sich im Stofflichen und Räum-

lichen nur als mengenhaft bestimmbarer Zusammenhang äußert, der

daher der mathematischen Naturwissenschaft zugänglich ist. — Ob

wir es von der Seite der reinen Raumfigur her ansehen, geometrisch-

zeichnerisch, oder von der Seite der raumbestimmenden Stofflich-

keiten her (Tatsachen der Physik), immer zeigt sich: daß keine Ge-

stalt ohne die andere möglich ist. Die Gestalten sind n o t w e n -

d i g alle mit einem Male vorhanden, darum sind sie alle in Ge-

samteinheit miteinander.

Wenden wir uns von der Einheit der Gestalten zur Gestalt

selbst, so finden wir: daß die Gestalt in einem Raume, der ein bloßes

und schlechthinniges „Neben"einander wäre, nicht denkbar ist.

Denn „Kreis“, „Kugel“ bestehen ja eben darin, daß die Stellen der

Kreisfläche und des Kugelraumes nicht unbezogen aufeinander sind,

daß sie also nicht mehr bloßes Nebeneinander sind, nicht mehr

schlechthin gleichgültig gegeneinander, nicht mehr vollkommen un-

unterschieden voneinander sind. Statt des reinen „Nebeneinander“,

„Außereinander“, der „Gleichgültigkeit“ zueinander, womit man

den Raum zu kennzeichnen pflegt, s e h e n w i r i n d e r „ G e -

s t a l t “ b e s t i m m t e R a u m s t e l l e n z u r E i n h e i t

z u s a m m e n g e f a ß t (Synthesis des Raumes).

Dasselbe zeigt sich, wenn wir die Probe auf den „leeren“ Raum

machen — jenen Raum, der ja allein als das bloße Nebeneinander,

als „homogen und isotrop“

1

bezeichnet werden darf. Dann zeigt

sich: Im l e e r e n R a u m i s t G e s t a l t u n d e n k b a r . In-

dem dort ein „Kreis“ gezogen würde, wären schon ausgezeichnete

Stellen, das heißt aber / mit Sonderbeschaffenheit versehene Stellen,

1

Siehe darüber unten S. 370 ff.