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n e b e n - e i n a n d e r s i n d . Da nach der Stetigkeit die Räume
Zusammenhängen müssen, die Raumstellen sich berühren müssen, so
ist die damit gegebene Abhängigkeit der Raumstellen dem Raume
n o t w e n d i g eigentümlich. Und mit dieser „Abhängigkeit“ ist
wieder jenes Überräumliche aufgezeigt, das „Gestalt“ in sich (als
Einheit in sich) und „Einheit der Gestalten“ untereinander (Ge-
samtgestaltungen) ermöglicht
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. / Der Raum kann, weil er eine
Einheit ist, weder aus Raumteilen (Einzelräumen) aufgebaut und
ebensowenig in sie zerlegt werden. Es können in ihm nur Unter-
einheiten (quasi-gliedhafte Teilräume) a b g e g r e n z t werden.
Dieses wirkt das Uberräumliche im Raume.
Auch von dem Gesagten abgesehen ist „Berühren“ schon ein Wie-
Beschaffenes, ein Zustand, ein Qualitatives. Also nicht: Ausdehnung,
Nebeneinander. — „Stetigkeit“ erweist sich immer wieder als
Nicht-Räumliches (denn ein solches ist ja alles Wie-Beschaffene oder
Qualitative) im Raume.
Indem wir in der „Berührung“ der Raumstellen oder der Stetig-
keit eine Abhängigkeit der Raumstellen voneinander nachwiesen,
haben wir auch den s c h w a c h e n P u n k t i n d e r e u k l i -
d i s c h e n G e o m e t r i e erkannt. „Gleichartigkeit“ und „Gleich-
wendigkeit“ wären in Wahrheit nur in einem bestimmungslosen
Raume möglich: Der Raum wäre aber nur als absolutes Nebenein-
ander, als das gegen seine Teilung — sein „neben“ — absolut Gleich-
gültige, bestimmungslos. Die nachgewiesene Abhängigkeit der
Raumstellen voneinander ist aber schon eine Bestimmung. Der
Raum ist nicht absolut bestimmungslos. Nur weil er voller Eigen-
schaften ist, vermag er „Gestalten“ zu zeigen, vermag er die „Ein-
heit“, die in jeder Gestalt liegt, aufzubringen. Wäre er das graue
Nichts (das der Wahrheit nach im reinen „Nebeneinander“ läge),
so bliebe er es. Wäre er homogen und isotrop, das heißt jede Stelle
mit jeder vertauschbar und deckbar, so gäbe es in ihm nie eine aus-
zeichenbare Stelle, niemals Gestalt.
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Siehe oben S. 366 ff.