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IV.
Die Nichtumkehrbarkeit des Raumes als Folge
der Gegliedertheit
Machen wir mit der Gegliedertheit des Raumes Ernst, so kommen
wir auf die U n g l e i c h a r t i g k e i t o d e r H e t e r o g e n i -
t ä t u n d a u f d i e U n g l e i c h w e n d i g k e i t o d e r A n i s o -
t r o p i e (He- / terotropie) des Raumes. Diese Ungleichwertig-
keiten fassen wir zusammen in dem Begriffe der N i c h t u m -
k e h r b a r k e i t des Raumes. Das Hin ist nicht gleich dem Her.
Vor dieser Folgerung dürfen wir nicht zurückschrecken. Bedenkt
man sie recht, so erkennt man, daß sie vielmehr von der allgemein
anerkannten Nicht-Umkehrbarkeit der Zeit wie der Nicht-Um-
kehrbarkeit des Naturverlaufes (den im Großen die mathemati-
sche Physik feststellt) notwendig gefordert wird. Die Nichtumkehr-
barkeit des Raumes sagt freilich etwas Ungewohntes, sie sagt zuletzt
nicht weniger als: das Hin sei nicht gleich dem Her. Freilich kann
das nur im größten Maßstabe gelten, es kann nicht heißen, daß die-
selbe Strecke, die nach einer Richtung gemessen hundert Meter hat,
nicht auch in umgekehrter Richtung gemessen praktisch hundert
Meter habe. Im einzelnen sind ja auch die meisten Naturvorgänge
umkehrbar (da die Physik überall den ungleichartigen Raum vor
sich hat, ist ihr erst der h o m o g e n g e d a c h t e Ä t h e r zum
reinen Ausdruck der gleichartigen Raumerfüllung geworden). Da-
mit ist aber zugestanden, daß der wirkliche Raum nicht homogen
ist; im einzelnen müßte sogar eine Stunde — wenn dies durch-
führbar wäre — bei zurückgehender Zeit wieder eine Stunde sein.
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Man muß sich aber darüber klar sein, daß hier, wie immer in
solchen Fällen, nicht das Experiment, sondern nur der Begriff ent-
scheiden kann. Jeder Geometrie ist freilich die Seite eines Drei-
eckes hin wie her gemessen die gleiche — weil es sich in ihr nicht
um wirkliche, sondern um formelle Räume handelt. Der wirkliche,
beschaffenheitlich bestimmte Raum ist aber in jeder Zeit ein anderer
und schon darum das Hin nicht gleich dem Her. Zur reinen Um-
kehrbarkeit des Raumes würde seine Zeitlosigkeit gehören. Diese
kommt ihm nicht zu, da er notwendig in jeder Zeit ein anderer ist
—
(gemäß dem Vorrange der Zeit). Die Einzigartigkeit und Un-
wiederholbarkeit kommt daher dem Raume ebenso zu wie den
Naturtatsachen überhaupt.
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