[481/482]
431
nicht, auch vermochte dabei nach der Meinung des Verfassers die Verbindung
von Immanenz und Transzendenz, von Theismus und Pantheismus, welche Schel-
ling in seinem Panentheismus anstrebte, nicht durchaus geklärt zu werden.
Bei B a a d e r ist eine ausgebildete Ideenlehre nicht vorhanden. Als Grund-
gedanke seiner Lehre darf man ansehen
1
, daß den vergänglichen irdischen We-
sen, sei es geistigen, sei es stofflichen, nicht im Platonischen Sinne die Idee als
wahrhaft Reales gegenübersteht. Nach Baader haben die Geschöpfe in Gott dreier-
lei Vorbild: Gott als Denker des Geschöpfes, Gott als Sprecher des Göttlichen
und Gott als Wirker (äußerliche Schöpfung in der Zeit). Erst durch die Wirk-
samkeit aller drei Schöpfertätigkeiten ist das Geschöpf ganz geschaffen. Diese
Dreiheit entspricht / jener von Mitte, Organ oder Mitwirker und werkzeug-
lichem Wirken, die bei Baader immer wiederkehrt.
6. Werfen wir zuletzt noch einen Blick auf die n e u e s t e P h i -
l o s o p h i e , so finden wir den ontologischen Ideenbegriff so gut
wie nicht mehr. Es ist lediglich die in das Erkenntnistheoretische
übersetzte Entsprechung, die uns hier begegnet. Dadurch verliert
aber die Idee ihr eigentlichstes Wesen, ihren ontologischen und me-
taphysischen Ursprung, ihren tiefsten Sinn.
Zuerst war es Hermann Lotze, der Platon dahin auslegt, die Idee
bedeute nichts als die zeitlose „Geltung“
2
. Lotze folgten die älte-
ren N e u k a n t i a n e r , indem sie die Ideen als apriorische Grund-
legung
(ύηόθσις)
des Denkens bestimmten
3
. — Eine scharfsin-
nige Darstellung der Idee im Sinne der Geltung gab kürzlich Bruno
Bauch
4
. — Die p h ä n o m e n o l o g i s c h e S c h u l e ver-
wahrt sich gegen Platonismus, gegen einen Begriffsrealismus. Die
Idee soll nichts Metaphysisches sein, trotzdem soll sie eins sein mit
dem „Wesen“, das durch Erschauung des Wesens-Allgemeinen, wel-
che „Ideation“ heißt, erkannt wird.
Einen schroffen Nominalismus vertrat auch der Vorgänger der
phänomenologischen Schule, Franz Brentano.
Ein wichtiger Satz des Aristoteles, sagt Franz Brentano, „ist der, daß es in
Wirklichkeit kein Allgemeines außer den ihm entsprechenden Einzeldingen geben
könne, also zum Beispiel nicht außer den einzelnen Löwen einen Löwen an sich,
1
Franz von Baader: Sämtliche Werke, Teil 1, Bd 7, Leipzig 1856, S. 106,
344 und öfter.
2
Hermann Lotze: Logik, Drei Bücher vom Denken, vom Untersuchen und
vom Erkennen, Leipzig 1912, § 317 und öfter (= Philosophische Bibliothek,
Bd 141). — Vgl. Hans Meyer: Die Geschichte der alten Philosophie, München
1925, S. 162 f.
3
Vgl. August Auffarth: Die platonische Ideenlehre, Berlin 1883.
4
Bruno Bauch: Die Idee, Leipzig 1926.