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Nichts ist bezeichnender, als daß bisher in der Geschichte der

Philosophie jede nicht-atomistische Vorstellung vom Wesen der

Materie dazu nötigte, die Materie zu denken als das Sich-Darstellen

eines Nicht-Materiellen, sei es einer Idee und Form (Platon, Ari-

stoteles, Plotin, Scholastik), sei es anderer, wie immer gearteter

immaterieller Wesenheiten (Schelling, Hegel); ja sei es nur der

„eigenschaftsbegabte Raum“ Jaumanns, der als solcher doch auch

noch nicht selbst Materie ist. Diesen Grundzug des Nicht-Stoff-

lichen verleugnet die Natur nirgends.

R ü c k b l i c k

Die Gleichursprünglichkeit von Geist und Stoff sowie ihre Ge-

zweiung höherer Ordnung erwies sich als notwendiger Ausgangs-

punkt der Ideenlehre.

Es ist nur diese eine Welt, die Gott geschaffen, die aber in zwei

Reichen gleichzeitig lebt, im Reiche der Stofflichkeit oder Natur

und im Reiche des Geistes oder der Überwelt. Zwischen die in sich

selbst sinnliche oder reine Stoffwelt und die in sich selbst geistige

oder reine Ideenwelt aber muß ein Schnitt gemacht werden — eben

jener Schnitt, der sich immer wieder als Gegensatz zwischen Geist

und Natur empfinden läßt.

Die Natur hat ihre eigene Wurzel. Ihre Wurzel ist nicht die

Ideenwelt. Sie stellt sich in ihren Formen und Wesen unmittelbar

und selbst dar. Die Ideenwelt wohnt aber dieser Natur ein — der

schon in sich selbst geformten Natur — und / tritt in den organi-

schen Leibern von Pflanze, Tier und Mensch, ferner in den geistig-

sittlichen Gestaltungen der Gesellschaft und Geschichte in Erschei-

nung.

Diese konkreten, wirklichen Welten, die Organismen und die

menschliche Gemeinschaft, sie sind es, deren geistige Wurzeln in der

Ideenwelt liegen. Ihnen wohnt die Ideenwelt ein, sie haben Sinn

und Leben, sie haben sogar S c h i c k s a l , F r e i h e i t u n d

S i t t l i c h k e i t . In diesem „Einwohnen“ ist es, wo die Berüh-

rung der immateriellen Wesenheit der Natur mit den Ideen des

Lebens und Geistes geschieht, wo die Gezweiung höherer Ord-

nung beider stattfindet. Es ist daher auch nicht das „werkzeugliche“