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steht es nun mit der Einwohnung (Immanenz) der Idee, die nach
ganzheitlicher Forderung gleichzeitig anzunehmen ist?
Von Seite der Einwohnung her ist nun vor allem kein Nomina-
lismus zu befürchten. Denn das Allgemeine geht trotz der Befas-
sung, trotz der Einwohnung nicht verloren. Es sind ja nicht ver-
einzelte Ideen oder „Formen“, die den einzelnen Dingen einwoh-
nen, sondern gliedhafte Ideen. Die jeweils höhere Ganzheit ist es,
die sich in ihren Gliedern darstellt; die j e w e i l s h ö h e r e
G a n z h e i t i s t a b e r d a s A l l g e m e i n e d e r G l i e -
d e r ; sie ist jenes Allgemeine, das in den unteren Gliedern erst
erscheint. — Auch der Pantheismus wurde schon oben durch den
Satz: „Das Ganze geht in seinen Gliedern nicht unter“, abgewiesen.
Er ist auch durch die Selbfremdheit ausgeschlossen. Seine Abwei-
sung liegt endlich auch in der Beibehaltung der Jenseitigkeit und im
Vorrange der Jenseitigkeit.
Ebenso aber wie vor Pantheismus oder der schlechten Immanenz
— „schlechten“ weil die Immanenz das Wesen der Sache erschöpfen
und die Transzendenz ausschließen soll — ist die ganzheitliche Auf-
fassung vor dem D e i s m u s oder der schlechten Transzendenz be-
wahrt. „Schlecht“ ist jene Transzendenz, die das Wesen der Sache er-
schöpfen, die zur Getrenntheit, zum Ausschließen jeder Einwoh-
nung führen würde. Nach dem Deismus würde der Schöpfer das
Geschöpf aus sich entlassen und das Geschöpf sich selbst überlassen.
Nach dem Begriffe der Ganzheit aber ist das ausgliedernde Ganze
vom Ausgegliederten nicht schlechthin getrennt, sondern es befaßt
das Ausgegliederte. Das / Ausgegliederte wird daher nicht äußer-
lich ausgeschieden, nicht gleich einem Sediment „abgesetzt“ und sich
selbst überlassen, wodurch Deismus und mechanische Weltauffassung
entstehen müßten, sondern bleibt im höheren Ganzen befaßt und
beschlossen.
Ihre glänzendste Probe macht aber die ganzheitliche Verbindung
von Jenseitigkeit und Diesseitigkeit unter dem Vorrange der Jen-
seitigkeit an dem Begriffe der Teilnahme.