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E r s t e s H a u p t s t ü c k

Allgemeine Grundlegung

I. Der sozialphilosophische Standpunkt des Individualismus

Besteht die individualistische Ansicht im wesentlichen darin, den

Einzelnen geistig als in sich selbst begründet aufzufassen und daher

kein Überindividuelles, kein gesellschaftliches Über-Dir anzuerken-

nen; so ist ihr analytisches Ergebnis eben dieses, daß Gesellschaft,

Staat, Wirtschaft und jedes andere „Kollektivum“ nur eine be-

sondere Art der Verbindung, Beziehung, Häufung Einzelner sei,

also keine eigene, ursprüngliche Wirklichkeit habe. Gesellschaft als

solche ist nicht, Staat als solcher ist nicht, Volkswirtschaft als solche

ist nicht; nur der Einzelne ist, nur der Bürger, nur der Wirtschafter

als Einzelner hat ursprüngliches, eigenes Sein.

Gibt es aber kein gesellschaftliches Über-Dir, so liegt im gesell-

schaftswissenschaftlichen Denken auch kein Hinweis auf ein kosmi-

sches, ein metaphysisches Über-Dir. Metaphysik und Religion ist

dann „Privatsache“. Sie hat mit dem gesellschaftlichen Sein nichts

zu tun, sie hat auch mit Gesellschaftswissenschaft nichts zu tun. Man

kann nach dieser individualistischen Einstellung wohl, wenn man

will, das heißt, aus anderen Gründen, an ein Höheres glauben. Aber

im gesellschaftlichen Sein, im gesellschaftswissenschaftlichen Denken

liegt, wie gesagt, kein Hinweis, keine Nötigung, über das Sein der

Einzelnen hinauszugehen. Wer an Hand der individualistischen

Lehrbegriffe die Gesellschaft, den Staat, die Kultur, die Geschichte

durchschreitet, findet den Finger Gottes nicht. Das Ewige kann

nicht aufleuchten, wo nichts bleibt als die gesetzmäßige Bestimmt-

heit der einzelnen Menschen, die nur Gesellschafts- und Wirt-

schaftsatome, die nur für sich psychologische, physiologische und

physikalische Wirklichkeiten sind.