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naturalistische Soziologie seit Comte, endlich die individualistische

Volkswirtschaftslehre seit Quesnay, Adam Smith, Ricardo, John

Stuart Mill bis zu Karl Menger deutliches Zeugnis ab. Unsere ge-

schichtliche Übersicht berichtete davon genug

1

.

II. Der sozialphilosophische Standpunkt des Universalismus

Ganz anders der sozialphilosophische Standpunkt des Univer-

salismus. Er führt zur Anerkennung eines eigenen gesellschaftlichen

Über-Dir, wie die frühere Darstellung erkennen ließ

2

. Damit zeig-

ten sich auch die Hauptbegriffe des Universalismus gegeben: Ge-

zweiung (Gemeinschaft), das ist Gliedhaftigkeit des Einzelnen (statt

seiner Autarkie); Vorrang der Gesellschaft, die eine Ganzheit, ein

Über-Dir ist; das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft (über

das Äußerliche hinaus) als geistig-sittlich.

Das gesellschaftliche Über-Dir drängt zu einem metaphysischen

Über-Dir hin, denn es kann selbst nicht das Letzte sein, sondern

muß wieder von einem noch Höheren begründet werden. Wird

also ein Über-Dir angenommen, so ist entscheidend, daß es sich erst

dann ganz erfülle: wenn sowohl ein gesellschaftliches wie auch ein

metaphysisches Über-Dir anerkannt wird; und wenn ferner das

gesellschaftliche Über-Dir im metaphysischen seine Begründung

findet.

/

Umgekehrt drängt die idealistische Philosophie auf eine uni-

versalistische Gesellschaftslehre hin. Die idealistische Philosophie

bleibt nicht bei dem Handgreiflich-Gegebenen, Stofflichen, Einzel-

nen, Veränderlichen stehen, sondern sucht gerade das Über-Hand-

greifliche oder Über-Sinnliche, die Idee (Idealismus statt Empiris-

mus), das Uber-Stoffliche, den Geist (Geisteslehre, Ideenlehre statt

Sensualismus und Materialismus), das Allgemeine (ideeller Realis-

mus statt Nominalismus), das Unveränderliche (fester Wahrheits-

begriff statt des Relativismus). Dem Satze „Der Mensch ist das Maß

aller Dinge“ tritt der Satz entgegen: „Gott ist das Maß aller Dinge“.

Es ist damit überall ein Über-Dir, das vor dem Einzelnen steht,

das den Einzelnen befaßt und bildet, gesetzt und anerkannt. Das

1

Siehe oben S. 49, unten S. 263 ff., Anhang, Die philosophischen Voraus-

setzungen der Volkswirtschaftslehre.

2

Siehe oben S. 20.