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Daß die individualistische Ansicht der gesellschaftlichen Dinge,
weil sie nur Einzelne und kein Übereinzelnes kennt, auch die
G r u n d b e g r i f f e der Gesellschaftswissenschaften und der Ge-
sellschaftsphilosophie bestimmt, ist nur zu natürlich. Als diese
Grundbegriffe ergaben sich: Vorrang des Einzelnen; Gesellschaft ist
nur Summe der Einzelnen, nur ihre Resultante, nur aus Einzelnen
zusammengesetzt, keine Ganzheit; das Verhältnis des Einzelnen zur
Gesellschaft ist rein äußerlich, utilitarisch bestimmt. Daher muß die
Sittenlehre nun / Lust, Nützlichkeit der Einzelnen offen oder ver-
schleiert als die Grunderscheinung des sittlichen Lebens betrachten.
Denn die Gesellschaft ist stets vermittelnd, immer nur der Umweg
des Einzelnen zu sich selbst. Diese Sittenlehre ist ferner zuerst
I n d i v i d u a l e t h i k ; ihr Ziel, S o z i a l e t h i k zu werden,
kann sie nie erreichen, da das Soziale nur Nutzen und Anhängsel
des Einzelnen sein kann, welches ja grundsätzlich vom Einzelnen
abgeleitet wird.
In entsprechender Weise die Staats- und Rechtslehre: der Sinn des
Staates und Rechtes kann nur der äußere Nutzen sein, die „Ord-
nung im Kampfe ums Dasein“, wie Schäffle bezeichnend sagte
1
.
Und für die Wirtschaftslehre versteht es sich vollends von selbst,
daß in der Wirtschaft der nackte Eigennutz des Einzelnen herrsche,
womöglich ohne jede Vermittlung; daher freier Wettbewerb, Ver-
kehr = Markt = Preisbildung die Grunderscheinung!
In methodologischer Hinsicht ergibt sich daher: der Individualis-
mus betrachtet die Gesellschaft und Wirtschaft als mechanische Sum-
mierung der Einzelnen, ihre Erscheinungen daher als nach k a u -
s a l - m e c h a n i s c h e n G e s e t z e n bestimmt, nach Gesetzen,
welche ihrem Gefüge nach denen der Naturwissenschaft gleich sind.
Das Gesetz von Angebot und Nachfrage und das Gesetz des freien
Falles sind von gleicher Art.
Indem die Wissenschaft selbst zum Über-Dir und zum Metaphysi-
schen nicht hindrängt, sondern es aus ihrem eigenen Gegenstande
verbannt, muß sie so verfahren, als ob es alles das nicht gäbe.
Und hievon legt denn auch die gesamte Staatslehre der Aufklä-
rung (Naturrechtslehre), die Sittenlehre seit Locke und Hume, die
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Albert Schäffle: Bau und Leben des sozialen Körpers, Bd 1, 2. Aufl.,
Tübingen 1896, S. 334 ff. und öfter. Ähnliche Rechtsbegriffe bei allen
neueren „Entwicklungsethikern“.