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3. Hobbes, Locke, Voltaire, Montesquieu, Rousseau
Die Lehre von H o b b e s
1
, daß der Mensch im Urzustande tier-
ähnlich lebte und erst später durch den Urvertrag (individualistisches
Naturrecht) den Staat gründete, wurde zum selbstverständlichen
Lehrgute aller späteren Aufklärer. Für Hobbes war dieser vorstaat-
liche Zustand oder „Naturzustand“ durch den „Krieg aller gegen
alle“ (bellum omnium contra omnes) und die „Furcht aller vor
allen“ nach tierischer Art bezeichnet; für L o c k e ist der Natur-
zustand grundsätzlich friedlich, nämlich ein durch das „Gesetz der
Vernunft“
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regiertes Zusammenleben von Freien und Gleichen, das
durch gewaltsame Zusammenstöße und Selbsthilfe der Geschädigten
zwar gestört, aber nicht grundsätzlich bezeichnet wird (ähnlich auch
Rousseaus „Naturzustand“). Geschichtsphilosophisch liegt darin das-
selbe wie in allen anderen individualistischen Naturrechts- und
Staats- / lehren: der Fortschritt zum natürlichen Recht oder Ver-
nunftrecht, zur allgemeinen Wohlfahrt, zum utilitarischen, liberalen,
zuletzt demokratischen Staate, zur Freiheits- und Vernunftentwick-
lung des Einzelnen — das H u m a n i t ä t s i d e a l der Aufklärung.
V o l t a i r e übt Kritik an der Glaubwürdigkeit der Überlieferung (ge-
schichtlicher Skeptizismus, pyrrhonisme historique), nachdem allerdings schon
der Mauriner J e a n M a b i l l o n , der Begründer der Urkundenkritik, voran-
gegangen war
3
. Zugleich lenkte Voltaire aus der politischen Geschichte in die
Kulturgeschichte, was der Mißachtung des Staates durch die Aufklärung und ihrer
Hochschätzung der Vernunft entsprach.
M o n t e s q u i e u
4
geht von der Naturgesetzlichkeit der Vernunftwelt,
dem Naturrechte, aus. Die besonderen Anwendungen der natürlichen Vernunft-
gesetze sind indessen jedem Volke nach Verfassung, Klima, Bodenbeschaffenheit,
Lage, Größe des Landes, Religion, Sitte und Wirtschaft eigentümlich. Die Be-
ziehungen aller dieser Bedingungen zum Gesetze machen den „Geist der Ge-
setze“ aus. Das Naturgesetz der Geschichte wird von Montesquieu mehr als bis-
her in Beziehungen zwischen Recht und Kultur sowie namentlich auch in be-
stimmten natürlichen Bedingungen gefunden. Dafür ein Beispiel: Die kalte Luft
im Norden treibt das Blut in die Haut, zieht die Nervenenden zusammen und
läßt nur starke Reize zum Gehirn kommen, woraus geringe Reizbarkeit folgt;
1
Vgl. Thomas Hobbes: Leviathan, London 1651.
2
John Locke: Two Treatises on Civil Government, London 1690, 2. Ab-
handlung, Kapitel 2, Absatz 6 und Kapitel 3.
3
Jean Mabillon: De re diplomatica, 1681.
4
Charles Baron de la Brede et de Montesquieu: De l’esprit des lois, Genf
1748, deutsch öfters unter dem Titel: Vom Geist der Gesetze, unter anderem in
Reclams Universalbibliothek, Bde 8953—57.