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einem mehr gleichartigen zu einem weniger gleichartigen Zustande. Das Gleich-
artige ist „ I n t e g r i e r u n g “ , das weniger Gleichartige „ D i f f e r e n z i e -
r u n g “ . Der „Gleichgewichtszustand“, zu dem die Entwicklung überall führt,
wird immer wieder aufgelöst. So bewegt sich das Weltgeschehen ohne Anfang
und Ende, wobei im organischen wie im geistigen Leben steigende „Differen-
zierung“ herrscht — endloser, mechanischer Fortschritt.
Die gesamte n a t u r a l i s t i s c h e S o z i o l o g i e Englands, Amerikas,
Frankreichs, Deutschlands, Italiens war durch Comte, Mill und Spencer stark
beeinflußt. Eine Übersicht über die Schulen dieser Soziologie in meiner „Gesell-
schaftslehre“
1
.
8.
Die geschichtlichen Schulen der Geisteswissenschaften. Neuere Ge-
schichtsschreibung (Lamprecht, Spengler)
Aus einer völlig anderen Wurzel entstanden die geschichtlichen
Schulen in Deutschland, die daher allerdings nur mit großen Vor-
behalten dem Naturalismus zugerechnet werden können. Die Ro-
mantik und die deutsche idealistische Philosophie / gab den Anstoß
zur Gründung der Germanistik ( B r ü d e r G r i m m ) und der
indogermanischen Sprachwissenschaft ( F r i e d r i c h S c h l e g e l ) .
Aus ähnlicher geistiger Haltung entstand die geschichtliche Schule
der Rechtswissenschaft, die dem individualistischen Naturrecht ent-
gegentrat ( P u c h t a , S a v i g n y ) ; endlich auch die ältere ge-
schichtliche Schule der Volkswirtschaftslehre ( R o s c h e r , K n i e s ,
H i l d e b r a n d ) , obzwar diese letztere von Anbeginn mit einem
weit stärkeren empiristischen Einschlag auftrat. Bald aber wurden
alle diese dem geschichtlichen Sinne der Romantik entsprungenen,
dem idealistischen Bereiche angehörigen Schulen vom Zeitgeiste
überwältigt. Sie entfernten sich immer mehr von Romantik und
idealistischer Philosophie, versandeten in Relativismus, Positivis-
mus und äußerer „Induktion“. Sie wurden damit das, was man
heute den » H i s t o r i s m u s “ nennt, nämlich die möglichst nur
beschreibend-darstellende, möglichst nur urkundenmäßig vorge-
hende, im Ergebnisse relativistische Behandlung der Geschichte. —
Daß Nietzsche diesen Historismus ablehnte, ist begreiflich.
Eine gründliche Darstellung der gesamten Entwicklung, insbesondere des
Kampfes der Romantik mit dem Empirismus und Naturalismus gibt G e o r g
v o n B e l o w : Die deutsche Geschichtsschreibung von den Befreiungskriegen
bis zur Gegenwart (1916), 2. Aufl., München 1924. — Als letzte Ausläufer des
1
Vgl. mein Buch: Gesellschaftslehre (1914), 3. Aufl., Leipzig 1930, S. 11 ff.
[4. Aufl., Graz 1969, S. 21 ff.].