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e. R ü c k b l i c k a u f S c h e l l i n g s G e s c h i c h t s p h i l o s o p h i e

Schelling lenkt den Blick auf den dunklen Grund des Seins, auf

das Grauenhafte der Natur und auf das Tragische im Geiste. In den

Weltaltern spricht er von einem „Gott, der über Schrecken thront“.

Das Bild der Geschichte, das Schelling entrollt, ist weder ein Reich

der Natur, noch ein Reich der Gnade (Reich Gottes); sondern ein

Reich des Menschen, ein Mittelreich. In diesem Mittelreiche erst

kann die Idee des Mittlers Bedeutung empfangen. Dem gemäß ge-

hört für Schelling nicht nur die menschliche Freiheit und natürliche

Notwendigkeit, sondern auch die göttliche Einwirkung zur Ge-

schichte, die Vorsehung. Geschichte ist ferner: das Nacheinander-

Hervortreten der göttlichen Potenzen, der Potenzen der idealen

Welt in der realen. (Ähnlich ja auch jene Versuche, die eine Zeit des

Vaters, des Sohnes, des Geistes annahmen.) Daraus folgt endlich der

Begriff

einer

ü b e r s i n n l i c h

v o r g e b i l d e t e n

G e -

s c h i c h t e .

Ewig bewundernswert wird Schellings tiefsinnige Leistung, die

einsam in der Geschichte der Philosophie dasteht, bleiben. Die große

Frage, die sich hier auftut, lautet aber unseres Ermessens: Ist eine

übersinnliche Geschichte dem menschlichen Denken überhaupt er-

schwinglich? Setzt die zergliedernde Betrachtung des Urseins, der

Urpotenzen, mit einer bloß grammatisch-logischen Einstellung

1

tief

genug an? Und noch mehr: läuft die Vorstellung jenes „logischen"

Urgeschehens in Gott

2

, die Schelling entwirft, nicht zuletzt auf einen

Naturvorgang in Gott hinaus? Wenn sich in Gott, damit er „Herr

des Seins“ werde, eine transzendente Geschichte begeben muß, dann

muß man fragen, ob nicht das Höchste des Gottesbegriffes preis-

gegeben wurde.

Schellings ontologische Zergliederung der „Prinzipien“ oder »Po-

tenzen“, auf der alles beruht, litt aber schon bei ihrem Ausgangs-

punkte an einem Mangel, nämlich an seiner Bestimmung des V e r -

h ä l t n i s s e s v o n W e s e n u n d D a s e i n . Die Richtigkeit /

der grundsätzlichen Trennung beider durch Schelling vermögen wir

nicht anzuerkennen. Wesen und Wirklichkeit „Was es ist“ und „Daß

es ist“ sind keine grundsätzlich voneinander unabhängig denkbaren

1

Siehe oben S. 44.

2

Schelling: Sämtliche Werke. Bd 13. S. 121.