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Bestimmungen. Sie verhalten sich nicht wie reines Subjekt (—A)
und selbstloses Prädikat (+ A), vielmehr wie Möglichkeit und Wirk-
lichkeit, wie Potenz und Akt und können daher nicht grundsätz-
lich voneinander getrennt werden. „Was es ist“, das „Wesen“, das
„etwas“ sein kann, — Was ist es anderes als das Vordasein der Ganz-
heit? — jene Art des Seins also, die in ein schon geschaffenes Sein
eingehen kann (ein Geschaffenwerdenkönnen durch Schaffen aus
Geschaffenwerden). Das der M ö g l i c h k e i t n a c h S e i e n d e
o d e r d i e „ M ö g l i c h k e i t “ i s t v o r s e i e n d e s S e i n ,
also höheres Sein als das weltlich verwirklichte. Es kommt also nicht
ein „Sein“ zu einem „Wesen“ hinzu, sondern das schon Seiende, das
Vorseiende gliedert sich in der Ganzheit aus, w i r d z u m D a -
s e i e n d e n .
„Daß es ist“ oder Dasein (Existenz) ist: Akt des Wesens. Gewiß
gibt es einen Unterschied von Wesen und Wirklichkeit, er liegt aber
nur in dem Unterschiede von aktiver Möglichkeit (Potenz) und
Wirklichkeit (aktualisiert) beschlossen. Das Irrationale der Tat des
Seins liegt keineswegs darin, daß zu einem leeren Sein ein bestimm-
ter (rationaler) Inhalt hinzuträte. V i e l m e h r i s t d e r B e -
g r i f f s i n h a l t n i c h t s a n d e r e s a l s d i e A u s g l i e d e -
r u n g , d i e B e s o n d e r u n g , K o n k r e t i o n v o n S e i n .
Der Begriffsinhalt ist nicht das rein Allgemeine, zu dem man hin-
terdrein „Sein“ hinzubrächte (was Schelling mit Recht tadelt, aber
dann doch wieder annimmt); sondern er ist selbst schon ein Kon-
kretallgemeines, das heißt eine Seinsbestimmung. Er ist darum auch
nicht durch "Abstraktion“ aus vielem Besonderen gewonnen, son-
dern selbst etwas Konkretes. Allgemeinheit und Besonderheit kom-
men allem Sein zu, daher das Irrationale auch dem Begriffsinhalte
selbst (in seiner Besonderheit) zukommt. Der Fehler liegt im Be-
griffe des „Reinrationalen“, der / ein Unbegriff ist und auch nicht
für das „Wesen“ gilt. Das Wesen ist nichts anderes als Tat (Sein) in
Gegliedertheit, Bestimmtheit und darum selbst irrational.
Andererseits wird der Begriff einer übersinnlich bedingten Ge-
schichte in gewissem Sinne zuletzt immer das höchste Ziel der meta-
physischen Erklärung der Geschichte bleiben. Denn ist die Wurzel
der Welt in der Überwelt, dann muß auch das, was in der Welt
geschieht, seine Grundlage in der Überwelt haben. Darum bleibt
der Geschichtsbegriff, den Schelling in seiner Spätphilosophie aus-
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