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a . P o t e n z e n l e h r e
Die Grundlage der Geschichtsphilosophie in Schellings späten Jahren ist die
von ihm Potenzenlehre genannte Grundlegung der Ontologie
1
. Schelling unter-
scheidet drei Potenzen des Seins im Sinne des dialektischen Verfahrens und eine
vierte Potenz (A
0
), welche alle drei überhöht. Unter- / scheidet man die „Poten-
zen an sich“ (I), dieselben Potenzen in der reinen Ideenwelt (II), dieselben Poten-
zen nochmals in der wirklichen Welt (III); und nimmt man hinzu, daß Schelling
das Minus- und Plusvorzeichen für die bereits wirksam gewordenen Potenzen
durch hoch 1, 2, 3 ersetzt, so glaube ich folgendes Bild entwerfen zu dürfen:
I
II
-A A
1
+ A
i
A
2
±
A A
0
A
3
A
0
III
A
1
(B)
A
2
A
3
A
0
Die Bedeutung dieser Reihen ist folgende:
— A + A ± A (der ersten Spalte) sind die Potenzen oder „Gestalten“ „Prin-
zipien“ „άρχαί“ des absoluten Seins in Ruhe, das heißt der
reinen Möglichkeit nach;
A
1
A
2
A
3
(der zweiten Spalte) sind die Potenzen in Bewegung; denn
erst in der Bewegung werden sie zu den w i r k l i c h e n
Potenzen und zwar vorerst nur der idealen Schöpfung
(Ideenwelt in Gott);
A
1
(B), A
2
, A
3
(der dritten Spalte) sind die wirkliche, außergöttliche Welt,
in der wir leben.
Über die Bedeutung der einzelnen Zeichen mögen folgende Hinweise hier
genügen:
— A ist das reine S e i n k ö n n e n , die aktive Möglichkeit, der noch un-
bestimmte Wille, das Ursubjekt, das „urständliche Sein“; die Thesis;
+ A ist das S e i n m ü s s e n , das Sein ohne alles Können, der schon be-
stimmte (schon entschiedene) Wille, das reine Prädikat, Urprädikat (Objekt), das
Sein ohne innere Selbstheit (ohne eigenen, noch freien Willen) das rein gegen-
ständliche Sein; die Antithesis;
± A ist „das von beiden Ausgeschlossene“, das keines für sich ist, weder das
Können, noch das Müssen; die Kopula; die Ursynthesis von Subjekt und Prädi-
kat; Geist, das Beisichsein;
A
0
ist der Inbegriff aller drei Setzungen zusammen, aber im Stande der „Gleich-
möglichkeit“, das ist der Indifferenz von—A, +A, ±A; das rein in sich gesetzte
Seiende; Prinzip; Gottheit; das Absolute; daher zugleich das ganze Seiende, da-
her auch die Seele, Weltseele, aus der das Menschenwesen genommen ist
2
. Dem-
nach ist A
0
zugleich: Gott als solcher, der in allen Potenzen ist, o h n e s e l b s t
in den Prozeß / derselben einzugehen, denn er ist nur der Inbegriff ihrer Gleich-
möglichkeit, zugleich die „Wirklichkeit, die jeder Möglichkeit zuvorkommt“.
1
Vgl. Schelling: Sämtliche Werke, Bd 13, S. 211 f., S. 273 ff.; Bd 12, S. 204 ff.
und öfters; Bd 11, S. 288 ff.; dazu: Constantin Frantz: Schellings Positive Philo-
sophie, Bd 1, S. 108 und 134 ff.
2
Schelling: Sämtliche Werke, Bd 11, S. 528.