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D. E i n m a l i g k e i t u n d W i e d e r h o l u n g

ln jüngster Zeit wurde, wie früher schon von Schopenhauer,

so von Windelband und seinen Nachfolgern mit Recht hervorge-

hoben, daß allem geschichtlichen Geschehen Einmaligkeit zukomme

und das geschichtliche Erkennen dadurch dem naturwissenschaft-

lichen, welches auf den Allgemeinbegriff, auf allgemeine Gesetzlich-

keit geht, entrückt sei. Die Naturwissenschaft berichtet vom immer

gleichen Fallen der Körper nach dem Fallgesetz, die Geschichte

von dem Einen Napoleon. Darauf wird bei den logischen Fragen

der Geschichtserkenntnis noch zurückzukommen sein

1

.

Es war verdienstvoll und befreiend, daß dergleichen ausgesprochen

wurde. Aber der Geschichtsbegriff läßt sich darauf nicht gründen.

Erstens schon deshalb nicht, weil das schlechthin Einmalige begriff-

lich nicht gefaßt werden könnte. Das nur Einmalige läßt sich nämlich

gar nicht denken. „Denken“ heißt ja Begriffe bilden, in jedem

Begriffe aber muß Allgemeinheit sein. Auch ergäbe das schlechthin

Einmalige keinen Sinnzusammen- / hang. Endlich kann Geschichte

als Lebendigsein des Vergangenen im Gegenwärtigen nicht zugleich

das Einmalige sein, welches ja in unserer jetzigen Welt und Zeit

nicht mehr wirksam wäre. Es erhält, es wiederholt sich vielmehr. —

Auf diese Weise ergeben sich zwei einander widersprechende Sätze:

Geschichte ist, was sich nur einmal ereignet;

Geschichte ist, was sich immer und überall ereignen kann.

Aber diese Sätze sind dennoch nicht unvereinbar, sie sind in

einem bestimmten Sinne beide zugleich gültig: das Einmalige ist die

Weise (nämlich nach bestimmter, unwiederholbarer Umgliederungs-

folge), das Allgemeine der Gehalt. Platon, Meister Eckehart gehören

der Geschichte an, weil sie nicht nur einmal etwas gesagt haben,

sondern uns immer noch etwas sagen. Otto der Große gehört der

Geschichte an, weil seine Taten noch immer unter uns wirksam

sind. Christus ist nicht nur einmal erschienen, sondern er erscheint

immer wieder (woran der tiefe geschichtliche Sinn der Sakramente

offenbar wird).

1

Vgl.

unten

S. 89 ff.