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tische“) ergeben. Zeit erscheint erst, wo sich die Ganzheit selbst in
immerwährender Neuausgliederung oder, wie wir es nennen wollen,
in Umgliederung befindet. E r s t d i e i n U m g l i e d e r u n g
b e f i n d l i c h e G a n z h e i t h a t G e s c h i c h t e . Die Ganz-
heit, als bloßer Gliederbau betrachtet, ist nur die Voraussetzung
dafür, daß Geschichte möglich ist. Wirklich wird sie erst dadurch,
daß die Ganzheit sich umgliedert. In der Umgliederung liegt also,
wie bereits klar geworden:
die Einheit der Zeit, daß nämlich die Vergangenheit nicht
schlechthin verloren, sondern in der Gegenwart aufbewahrt, als
lebendig gesetzt wird. In der Umgliederung liegt abermals alles,
was die Ganzheit nach unseren obigen Darlegungen kennzeichnet:
das Sinnvolle, denn die Umgliederung, nicht nur die Ausgliede-
rung, hat in sich selbst wieder einen sinnvollen Zusammenhang;
das Freie, denn erst in der Umgliederung kann das Eigenleben
der Glieder in Erscheinung treten;
das Einmalige, denn nicht nur die Ausgliederung setzt Einmaliges,
sondern auch die Umgliederung;
die Wiederholung, denn in der Umgliederung ist es immer die-
selbe Ganzheit, die ihr einmal Gesetztes in ihrer Weise (in beson-
derer Weise) fruchtbar macht;
das Persönliche und Gattungsmäßige, weil alles gliedhaft ist, was
nicht nur in der Ausgliederung, sondern auch in der Umgliederung
erscheint.
F.
Das S c h ö p f e r i s c h e d e r U m g l i e d e r u n g .
U m g l i e d e r u n g s r e i f e u n d - a u s w i r k u n g . A n f a n g
u n d E n d e
All das sagt uns: Nur dort, wo Ganzheit und Umgliederung der
Ganzheit ist, ist Geschichte. Nur die sich umgliedernde Ganzheit
hat Einheit in der Zeit, das ist zeitüberwindende Einheit; nur / sie
hat Freiheit und kann aus der Vergangenheit nicht erklärt werden;
nur sie ist zugleich einmalig und wiederholt sich; nur sie ist zugleich
individuelle Persönlichkeit (nach obenhin gesehen, als niedere Stufe
der Ichheit) und Allgemeines, Umfassendes (nach unten hin gesehen,
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