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wickelte war. Wäre die Kraft dagewesen, diesen Unschuldstand in
vollkommenster Weise fortzuentwickeln, d a n n w ä r e e i n
n o c h h ö h e r e r Z u s t a n d e r r e i c h t w o r d e n a l s
d u r c h d a s U n v o l l k o m m e n e h i n d u r c h . Daß durch
das Unvollkommene hindurch auch ein höherer Zustand erreichbar
ist, beruht darauf: daß nicht alles krank war, daß daher während
des Heilungsvorganges n i c h t n u r die Rückgängigmachung des
Verfalls (der Krankheit) erfolgt, sondern auch ein Weiterbildungs-
vorgang, ein reiner Entfaltungsvorgang sich vollziehen kann. Die
Heilsordnung soll die Verfallsordnung überwältigen, nichts anderes.
Zu den erläuterten Gegensätzen, die wohl einleuchten, kommt
aber noch ein anderer, der sich auf den schärfsten Widerspruch ge-
faßt machen muß: die absichtliche Störung und Vereitelung der
Heilung, das, was wir den Gegenverfall nennen, alles das, was die
Heilung durch Schmarotzertum, Arglist, Schein, Vorspiegelung,
Verführung, Afterwesen verhindern will. Wir nennen sie kurz:
Die G e g e n s ä t z l i c h k e i t o d e r D i a l e k t i k d e s U n -
h o l d e n t u m s i n d e r G e s c h i c h t e .
Aufklärerische Flachheit, mechanistisches Denken, das überall
naturhafte Notwendigkeiten sieht, und Humanitätsduselei haben
in unsere Bildung seit Jahrhunderten die mehr oder weniger klar
ausgesprochene oder unklar wirksam gebliebene Überzeugung ge-
bracht: daß der Mensch von Natur gut sei — nicht eigentlich
Böses, sondern ewig nur Unzulängliches wirke in der Gesellschaft.
Demgegenüber behaupten wir, daß derjenige weder von den Tiefen
des Lebens, noch der Geschichte weiß, der nicht das B ö s e a l s
M a c h t anerkennt. Der Caliban / aus Shakespeares „Sturm“ ist
nicht nur in der Brust jedes Menschen zu finden, er w i r k t
ü b e r m ä c h t i g i n d e r G e s c h i c h t e . Sein Wesen und sein
Feld ist nicht die Unzulänglichkeit und Schwäche (die wir oben in
der zweiten Reihe der Übersicht als herrschend vorstellen), sondern
die Gegenwirkung gegen das strebende Gute, gegen die Vervoll-
kommnungs- und Wiederherstellungsbestrebungen.
Aber welch mächtigere Gestalt könnte das Böse annehmen, als
jene des S c h e i n g u t e n ? Schein ist die stärkste Waffe des Bösen.
Der Schein aber hat nur dort ein Feld, wo er eine Bestrebung zum
Guten, die der Tatsache nach nur der Heils- und Wiedervervoll-
kommnungsordnung angehören kann, stört. Daher er Gegenverfall