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Andererseits ist wichtig festzuhalten, daß jeder Gründer in ge-
wissem Maße auch sein eigener Vollender ist. Denn jeder Gründung
folgt sogleich eine gewisse Ausgestaltung. Die grundlegenden Ge-
danken Kantens z. B. und seine ausarbeitenden, oder ebenso jene
Fichtes, Schellings, Hegels; oder, um ein anderes Feld zu wählen,
ebenso jene Diesels über seinen Motor (das erste Modell und die
späteren desselben Erfinders) liegen überall als einander folgende
Schritte der Ausgestaltung vor unseren Augen.
Daß die Fortsetzer entweder Vollender, Vertiefer, oder aber
V e r g e u d e r , Verlierer, V e r f ä l s c h e r des ihnen anvertrau-
ten geschichtlichen Gutes sein können, ist ein Gesichtspunkt, der auf
die Unvollkommenheitsformen von Gründung und Entfaltung
überhaupt hinführt.
/
B.
V o l l k o m m e n e u n d u n v o l l k o m m e n e
G e s t a l t u n g e n
Um Gründung und Entfaltung als die Seinsweise der Umgliede-
rungsordnung für die geschichtliche Erkenntnis fruchtbar zu ma-
chen, ist es nötig, überall die reine, vollkommene, wesensgemäße
Form von der unvollkommenen, wesenswidrigen, durch die
Schwäche der Wirklichkeit getrübten Form; die klaren, geraden
Wege der Gründung und Entfaltung von den krummen Wegen der
Fehlgründung und Fehlentfaltung zu unterscheiden.
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1. Reine Gründung und Entfaltung
Der größeren Deutlichkeit halber gehen wir zuerst wieder von
dem Beispiele des einzelnen Menschen aus. Da alles sich in Ge-
zweiung vollzieht, daher jeder Einzelne Glied einer Ganzheit ist, so
ist damit der Boden der geschichtlichen Ganzheiten keineswegs ver-
lassen.
Wird ein Mensch geboren, so besteht die Gründung darin, daß
eine geistige Persönlichkeit auftritt. Sie kann nicht auftreten, indem
sie sich etwa aus verschiedenen geistigen Fetzen verschiedener Her-
kunft zusammenstückelte, zusammensetzte, zusammenreihte (wie