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gensatz von Glaube und Wissen“ (Rationalismus); ferner: / Religion im Wider-
spruche mit der Kunst (Bilderstürmerei des Altertums und der Neuzeit — „re-
ligiöser Rationalismus“); Religion im Widerspruche zu sinnenfreudiger Sittlich-
keit (Rigorismus). — Dieselben gesellschaftsphilosophischen Richtungen finden
weiter:
Wissenschaft im Widerspruche zu Dichtung und Kunst (Kunst: Illusion;
Empfindung des Schönen: Funktionslust der Organe); Wissenschaft (naturali-
stische, genußfreudige Ansicht des Trieblebens) im Widerspruche zu religiös und
asketisch bestimmter Sittlichkeit; Wissenschaft im Widerspruch zum Staate, so-
fern herrschaftliche und autoritative Bindungen abgelehnt werden (z. B. des
Gottesgnadentums, oder man sagt: „die Wissenschaft will bedingungslose Denk-
freiheit, der Staat will sie nur erlauben, soweit seine Ordnung damit nicht in
Widerspruch gerät“);
(Naturalistische) Kunst im Widerspruche zur Sittlichkeit (Kunst sei, so sagt
die empiristische Philosophie und Gesellschaftslehre, sinnlich, triebhaft, sei daher
gegen beschränkende Askese, damit aber auch gegen Religiosität). Weiter stünde
die
Kirche im Widerspruche zum Staat (Gottesstaat gegen Weltstaat; Kampf
zwischen Kaiser und Papst, Trennung von Staat und Kirche);
Staat im Widerspruche zum Volkstum (geschichtlich in Staaten mit mehreren
Volkstümern, z. B. im alten Österreich; und in Staaten, die sich von ihrem
Volkstum abgetrennt haben; die deutsche Schweiz, die das deutsche Volkstum
vernachlässigt; Holland, das es umgebildet hat); Staat im Widerspruche zur
Kunst (oder im Verhältnisse der Gleichgültigkeit zu ihr, sofern der Staat heute
an der Kunst keinen Anteil nimmt — dagegen im Bunde mit der Kunst, in den
älteren Staaten und Religionen). Oder geschichtlich: Während des tiefsten poli-
tischen Verfalles Deutschlands höchste Blüte der Kunst in Klassik und Roman-
tik (ähnlich zur Zeit von Platon, Aristoteles; und zur Zeit der Renaissance). —
Nach heute geltender liberal-individualistischer Auffassung stehen also; Staat —
Religion — Wissenschaft — Kunst — und die Individualität des Einzelnen in
einer durch unversöhnliche Wesensgegensätze bedingten Spannung. — Endlich
sollen
Menschheit — Kulturkreis — Volkstum nach liberalen Ansichten in wesen-
haftem Gegensatz stehen; und
der große Mann, der Führer erscheint in wesenhaftem Widerspruche zu seiner
Zeit, zur Menge, nach der von Schopenhauer und Nietzsche geführten, heute
herrschenden Auffassung.
All dem gegenüber behaupten wir vielmehr: dem reinen Wesen
der Sache nach herrscht durchgängiger Einklang der ge- / sellschaft -
lichen Teilgebilde; die tatsächlichen Unstimmigkeiten, von denen
die Geschichte voll ist, beruhen vielmehr auf den Unvollkommen-
heiten der Gründung und Entfaltung, aus denen Brüche und Gegen-
brüche mit ihren Spannungen folgen. Der grundsätzliche Einklang
ergibt sich aus dem Begriffe der „Kultur“ oder „Gesellschaft“ als
eines Gesamtganzen. Jede Ganzheit besteht aus Gliedern, deren
Eigenleben grundsätzlich dem Leben der höheren Ganzheit nicht