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z w e c k h a f t e D u r c h d r u n g e n h e i t d e s U m g l i e d e -

r u n g s g a n g e s nennen. Und allgemeiner: da „Umgliederung“

nach einer Umgliederungsordnung vor sich geht, so entfaltet die

Umgliederung nur das, was schon in der Gründung vorhanden ist.

Entfaltung ist nichts anderes als die Wiederholung der Gründung.

In Gründung wie Entfaltung liegt daher stets derselbe Grund-

gehalt, in beiden ist gleich sehr das Schöpferische am Werke. Der

Begriff Umgliederung ist vom Begriffe des Schöpferischen nicht zu

trennen (wie sich auch schon in anderen Zusammenhängen zeigte).

Ist aber das Schöpferische (Vorseiende) in der Gründung ebenso

lebendig wie in der Entfaltung, so ist das für die ganze Auffassung

von dem lebendigen Tun der Geschichte von Bedeutung: Wo

Schöpferisches am Werke ist, ist das, was schafft, ein Vordasein, ein

Vor-Weltliches, die ursprüngliche / Natur. Der Lebensgehalt des

Gegründeten ist von Anfang an da und wird nicht erst im Laufe

der „Entwicklung“ erworben. „ E r w o r b e n “ wird es nur dann,

wenn es verdorben war, wenn es durch Fehl-Umgliederungen ge-

schwächt wurde; dann muß es wiedererworben werden, durch eine

via p u r g a t i v a das Verschüttete aufdeckend. Abgesehen von den

Fehlumgliederungen ist daher jede Entfaltungsstufe in u n m i t -

t e l b a r e m V e r h ä l t n i s s e z u m E n d e .

Der Unterschied von Anfangs- und Endstufe ist aber der: Die

Anfangsstufen der Umgliederung sind dem Gründungswunder

näher, die Endstufen dem Zwecke. Die Gründung ist noch erfüllt

von dem Zustande des Enthaltenseins des Geschaffenen im Schaf-

fenden; die Entfaltung zeigt sich als ein immer selbstmächtigeres

Verwalten des Gründungsgutes, das mit der Rückkehr in den

Schaffensgrund endet, jedem Zeitalter wohnt der lebendigmachende

Glanz seines Schaffensgrundes, der Gottheit, ein.

Die Ebenbildlichkeit der Zeitalter und die Unmittelbarkeit zu ihrem End-

zwecke kann ein Vergleich mit der Schlußkette verdeutlichen. In der Schlußkette

ist jeder Vordersatz, Mittelsatz und Schlußsatz gleich sehr von dem Endzu-

stande durchdrungen, ebenso wie im Gliederbau des ersten Schlusses die „Grün-

dung“ der gesamten Kette vorliegt, während die späteren Glieder als seine

„Entfaltung“ betrachtet werden können. In der Gründung ist schon alles an-

gelegt, alles enthalten. — Läßt sich doch der gesamte Lauf der Geschichte nach

diesem Bilde tief auffassen: die frühere Geistestat und schließlich die gesamte

frühere Kultur als Vordersatz (Prämisse) der späteren; der frühere Verfall als

Vordersatz der Wiedergutmachung und des Aufstieges; der frühere Irrtum als

Voraussetzung der Berechtigung und als Warnung vor späteren Irrtümern.