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Der Satz „die Zeitalter sind ebenbildlich“ — oder, wie Ranke es ausdrückte,

„unmittelbar zu Gott“ — sagt nicht, daß alle Zeiten gleichwertig wären. Viel-

mehr sind die ebenbildlichen Zeitalter ungleichwertig. Zwar müssen alle Zeiten,

sofern sie der gleichen Gesamtentfaltung (nämlich des gleichen Gegründeten)

angehören, gleich unmittelbar zum tiefsten Grunde der Geschichte, und darin

einander ebenbildlich sein; sofern sie aber V e r s c h i e d e n e s leisten, sind sie

ungleichwertig. Wir sehen ferner, / daß die Fehlentfaltungen, Gegenfehlentfal-

tungen, Brüche, Gegenbrüche, Spannungen und Gegenspannungen in verschie-

denen Zeiten verschieden groß sind. Je g r ö ß e r d i e B r ü c h i g k e i t

e i n e s Z e i t a l t e r s , u m s o w e n i g e r i s t d e r u n m i t t e l b a r e

S c h a f f e n s g r u n d d u r c h g e d r u n g e n . Jedoch darf der äußere Glanz

eines Zeitalters über seinen Wert nicht täuschen. Der „arme Spielmann“ Grill-

parzers steht dem Herzen Gottes näher als manche prunkvolle Begabung.

Tatsache ist denn auch, daß keine Geschichtsschreibung, und stünde sie auf

welchem Standpunkte immer, alle Zeitalter als gleichwertig zu betrachten ver-

mag. Für die aufklärerische Geschichtsschreibung wird z. B. das Zeitalter der

Sophisten, für die romantische Geschichtsschreibung das Zeitalter Platons, Plotins,

Meister Eckeharts hervorragen. Dem Liberalen ist das Mittelalter „finster“, dem

Universalisten die Neuzeit chaotisch. Uber die Maßstäbe möge man streiten.

Daß aber Maßstäbe angewendet werden, und daß dann dunkle und helle

Zeitalter unterschieden werden, vor allem auch hervorbringende und gründende

gegenüber nur aufnehmenden und weiterentfaltenden oder gar verzehrenden

und. verfallenden Zeitaltern, das ist durchaus unvermeidlich. Sogar die natur-

wissenschaftliche Geschichtsschreibung kann darüber nicht hinwegkommen.

B. Die U n t e r s c h e i d u n g d e r Z e i t a l t e r

(Das Gebäude der Zeitalter nach Ausgliederungsordnung und

Vorrang)

Die Einheit der Umgliederung sichert die Ebenbildlichkeit ihrer

inneren Abstufungen oder Zeitalter. Die weitere Frage ist aber,

wie sich diese Zeitalter bestimmen, wie sie abzugrenzen seien. Eine

Frage, die unter dem Namen der „Periodisierung“ in der letzten

Zeit im geschichtlichen Schrifttume viel erörtert wurde

1

. Sie kann

nicht aus der Kategorie der Ebenbildlichkeit allein beantwortet

werden, welche notwendig formal bleibt. Um die Zeitalter in der

Geschichte zu finden, müssen die bestimmten Ganzheiten, in deren

Entfaltung sie gegeben sind, aufgesucht werden.

/

Da zeigt sich dann, was uns schon früher aufstieß, daß die ver-

schiedenen Ganzheiten verschiedene Entfaltungszeiten haben. Dar-

Vgl. Georg von Below: Über historische Periodisierungen, Berlin 1925.