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eine Eingebung anzunehmen oder nicht, sei es eine solche der Ge-

zweiung, des Glaubens, Erkennens, Gestaltens, Triebes, Erinnerns,

Wollens und Handelns, Vervollkommnens.

Diese neun Freiheiten sind im Gebrauche insofern verhältnis-

mäßig selbständig, als sie arteigene Tätigkeiten (Vermögen) / des

Geiste betreffen; sie sind Glieder einer höheren Einheit, sofern

sie im Gebrauche einander voraussetzen.

Dazu kommen aber die F r e i h e i t e n d e r g e s e l l s c h a f t -

l i c h e n G a n z h e i t e n . Da die gesellschaftlichen Ganzheiten

keine Summe vieler Einzelner sind, ist ihre Freiheit auch keine

Summierung des freien Tuns Einzelner, vielmehr: jene Freiheit der

Einzelnen, die sie als G l i e d e r der Ganzheiten betätigen. Da alle

Freiheiten der Einzelnen gliedhaft im gesellschaftlichen Gesamtgeiste

gebraucht werden und anders nicht, so sind sie zugleich die Freihei-

ten der gesellschaftlichen Ganzheiten; also als inhaltliche Freiheiten

gekennzeichnet: die Freiheiten der religiös-metaphysischen und

kirchlichen Ganzheiten, der wissenschaftlich-organisatorischen und

erzieherischen Ganzheiten, der künstlerischen, der staatlichen Ganz-

heiten, der ständischen und vieler anderer (in welchen Sinnlichkeit,

Sittlichkeit, Wollen und Handeln, sowie dessen politischer Spiel-

raum jeweils enthalten ist).

Die verschiedenen Möglichkeiten bestimmter inhaltlicher (materialer) Ver-

haltensweisen der Ganzheiten werden durch ihre Glieder verwirklicht, welche

Glieder, zuletzt die Menschen, selbst wieder durch die geistig-sinnlichen Frei-

heiten der verschiedenen Schichtungen ihres Innern (wie sie oben gekennzeichnet

wurden), jene inhaltliche Freiheit betätigen können. — Damit sind wir wieder

auf die Freiheit der Einzelnen zurückgewiesen, sofern sie nämlich Träger gesell-

schaftlicher Gebilde oder Ganzheiten sind.

Das Eigenleben, Sichselbstsetzen der Einzelnen ist nicht ohne Voraussetzung:

(a) ihr „Geschaffenwerden“ (in der Eingebung), welches (b) durch die Gezweiung,

das heißt ihr Enthaltensein in der Ganzheit, geht. Anders gesagt: das Eigen-

leben ist ein gliedhaftes. Das Glied wird „ausgegliedert“ von der Ganzheit —

aber nur sofern es deren Anregung, Veranlassung, Aufforderung zur Tätigkeit

aufnimmt, sofern es die ihm gegebene Macht ausnützt, und zwar im Sinne

des Lebens im Höheren. Das Sein des Gliedes ist kein mechanisches Sein, sondern

freies Tun, Schaffen; das Tun des Gliedes ist kein mechanisches Bewirktwerden,

ist kein äußerliches Bewegt- und Gestoßenwerden, wie eine Billardkugel bewegt

wird, sondern ist Schaffen aus Geschaffenwerden. Das Glied wird nicht schlecht-

hin geschaffen, sondern indem es sein Geschaffenwerden frei nachschafft, seine

Natur frei erzeugt. Das „Schaffen“ bedeutet freie Selbstsetzung (Spontaneität),